"Eine unvorstellbare Zahl, denn hinter jedem Fall verbirgt sich ein neues Opfer, welches jahrelang an den Folgen des Missbrauchs leidet", schreibt die Sicher-Stark-Initiative. Eine Organisation, die sich das Ziel gesetzt hat, Kinder präventiv vor Gewalt, Entführung, Mobbing, Internetgefahren und sexuellem Missbrauch zu schützen. Der Aussage der Initiative kann das Mädchen- und Frauenberatungszentrum BASTA nur zustimmen. Dunkelziffer weitaus höher "Die steigende Anzahl der Fälle muss aber nicht zwingend bedeuten, dass der Missbrauch an Kindern steigt", macht Diplom-Pädagogin Ingetraud Wehking klar. "Es könnte sein, dass sich im vergangenen Jahr einfach mehr Mädchen und Jungen getraut haben, eine Anzeige zu erstatten. Außerdem geht es bei den Zahlen nur um das Hellfeld." Circa 40 Prozent der bei BASTA zu unterschiedlichen Themen beratenen Frauen und Mädchen hatten Anzeige erstattet. Das sei schon überaus viel, weiß das Team. Ziel sollte es jederzeit sein, dass die Dunkelziffer weiter sinkt und der Opferschutz verbessert wird. Das würde jedoch zwangsläufig bedeuten, dass die Zahl der Fälle in der Statistik weiter steigt. Hemmschwelle sinkt durch das Internet Jugendliche Tatverdächtige wurden am häufigsten bei "Straftaten aus Gruppen" und bei "sexuellem Missbrauch von Kindern" festgestellt. Circa 20 Prozent der Tatverdächtigen sind zwischen 14 und 18 Jahre alt. "Der Grund hierfür liegt meist im Internet", sagt Familientherapeutin Birgit Baron. "Wir hätten gerne mehr Studien oder Anhaltspunkte, was der Internet-Konsum mit den Jugendlichen macht, wenn sie sich beispielsweise heftige Pornografie anschauen, bevor sie erste Erfahrungen machen", sagt Baron. Durch das Internet würde die Hemmschwelle immer weiter sinken und die Grenzen zwischen Sexualität und sexueller Gewalt immer mehr verschwimmen. Baron erklärt, dass es beispielsweise Kinder gäbe, die Fotos von ihrer Schwester über Whatsapp verbreiten, ohne sich darüber im Klaren zu sein, was das für Folgen haben könnte. Deswegen müsse man so früh wie möglich Prävention betreiben und fördern. "Wir finden einfach, dass Präventivmaßnahmen, wie man sich beispielsweise im Netz verhalten sollte, in den Rahmenplan jeder Schule gehören", sind sich die Beraterinnen einig. Dafür gäbe es bereits einige Konzepte. Gerne würde das Team von BASTA den Schulen auch bei der Erstellung eines Schutzkonzeptes helfen. "Erst wenn wir realisieren, dass Gewalt gegen Kinder jeden Tag und direkt vor unseren Augen geschieht, können wir uns dazu befähigen, dieser Gewalt entgegen zu treten", sagt auch Rainer Becker, Vorstandsvorsitzender der ständigen Kindervertretung der Deutschen Kinderhilfe. Man müsse eben ständig im Gespräch mit den Kindern und Jugendlichen bleiben und ernsthaft dazu bereit sein, sich zusammen mit ihnen mit den Themen auseinander zu setzen. Das kann jeder: solidarisch zuhören Laut Erkenntnissen der Polizei stammen die Täter meist aus der eigenen Familie, der Nachbarschaft oder dem Bekanntenkreis der Eltern. Die Wachsamkeit von Lehrern, Erzieherinnen, Nachbarn und Mitarbeitern des Jugendamtes könne deshalb viel Leid verhindern. Immer noch würde zu oft weggeschaut. "Natürlich ist es dann erst einmal schwer zu glauben, wenn das Kind etwas über eine Person aus dem eigenen Umfeld behauptet, die sonst überaus nett und freundlich erscheint. Doch was schadet es mir, wenn ich dem Kind wirklich glaube und einmal genauer hinsehe?", hakt Wehking nach. Das Kind dürfe man dabei jedoch auf keinen Fall bedrängen. BASTA bietet dazu verschiedene Gesprächsrunden und Fortbildungen an. Doch Fakt ist: Jeder kann dem Kind erst einmal solidarisch zuhören. Wer sich dann überfordert fühlen sollte, kann sich jederzeit Unterstützung von einer der Beratungsstellen im Landkreis holen. Foto: Stock/pr.
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Früh Prävention betreiben und Leid verhindern
Sexueller Missbrauch an Kindern ist laut polizeilicher Kriminalstatistik des BKA gestiegen / Aufmerksam zuhören
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