1. Wir schaufeln uns unser eigenes Plastikgrab

    Kleine Kunststoffkörner im Kunstrasen mit großem Problempotential / Gefahren von Nanoplastik noch unerforscht

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    LANDKREIS SCHAUMBURG (ste). Imke Byl ist Landtagsabgeordnete in Niedersachsen für B 90/Die Grünen und mit 25 Jahren die jüngste dazu. Sie war jetzt zu Gast beim Kreisverband der Grünen, die in Rinteln zur öffentlichen Kreismitgliederversammlung geladen hatten. Byls Einladung dazu hatte einen triftigen Grund. Die Politikerin setzt sich im Umweltausschuss des Landtages unter anderem dafür ein, die Plastikflut zu stoppen und dazu gehören auch Kunstrasenplätze, die auf Platz drei der größten Plastikverschmutzer der Umwelt rangieren. Auch in Schaumburg wird derzeit über neue Kunstrasenplätze diskutiert und Imke Byl lieferte ihren Grünen Parteikolleginnen und -kollegen Argumente, warum sie sich gegen solche Plätze aussprechen sollten. Ihre klare Auffassung: "Wir schaufeln uns unser eigenes Plastikgrab!" Denn, so Byl: "Machen wir weiter wie bisher, gibt es 2050 mehr Plastik im Meer als Fische!" Und 2050, das sei gefühlt übermorgen. Besonders das Mikroplastik mit Korngrößen unterhalb von fünf Millimeter gefährde die Umwelt, noch weitgehend unerforscht sind die Gefahren von noch viel kleineren Plastikpartikeln, dem sogenannten Nanoplastik. Das ist so klein, dass es sogar in Zellen eindringen könne. Und wer sich über die weggeworfene Plastikflasche in der Umwelt aufrege, der müsse wissen: "Fast dreiviertel des Plastiks in der Umwelt ist so klein, dass man es kaum sieht; also Mikroplastik!" Dabei unterscheide man zwischen primärem Mikroplastik, beispielsweise aus Kosmetikartikeln, oder sekundärem Mikroplastik, das durch den Zerfall des Makroplastik entstehe. Größter Verschmutzer in diesem Bereich ist der Fahrzeugverkehr mit seinem Reifenabrieb. Über die Straßenentwässerung gelangt der Abrieb in die Flüsse und Meere, kann dort von Fischen aufgenommen werden und gelangt dann wieder über die Nahrungskette zurück zum Menschen. 1.238 Gramm pro Kopf und Jahr werden so in die Umwelt abgegeben. Bereits auf dem dritten Platz kommen die Kunstrasenplätze mit 11.000 Tonnen Plastikeintrag in die Umwelt. Das kommt vor allem durch das Kunststoffgranulat auf den Plätzen. 35 Tonnen (das sind etwa eine Millionen PET-Flaschen) müssen auf ein normales Kunstrasenfeld aufgebracht werden und dieses Granulat besteht in der Regel aus geschredderten und weiterverarbeiteten Autoreifen. Und dieses Granulat wird vom Platz abgetragen, gelangt in die Umwelt, verschmutzt Böden und Gewässer. Die Europäische Kommission habe deshalb bereits die Europäische Chemikalienagentur damit beauftragt zu prüfen, ob Primärkunststoffe (das sind Kunststoffe, die primär für den Eintrag von Mikrokunststoffen in die Umwelt verantwortlich sind) künftig verboten werden sollen. Für Kunstrasenplätze könnte das bedeuten, dass sie ab 2021 nicht mehr betrieben werden dürften. Und Imke Byl zitierte auch den Deutschen Fußballbund (DFB). Der warne aktuell davor, Kunststoffgranulat auf Kunstrasenplätzen zu verteilen. In den USA prüfe man derzeit, ob Krebsfälle bei Spielerinnen und Spielern mit dem Kunststoff zu tun hätten. Die Alternative zu Kunststoffgranulat seien beispielsweise Kork oder Sand. Was heißt das für die Überlegungen zum Bau von Plätzen in Schaumburg? Zum einen besteht die Gefahr, dass mit Kunststoffgranulat verfüllte Plätze bei einem Verbot durch die EU nicht mehr weiterbetrieben werden dürften, zum anderen setzt man möglicherweise auch Spielerinnen und Spieler auf einem solchen Platz einem bislang noch nicht kalkulierten Risiko einer Erkrankung aus und zudem ist es mit einem "grünen Gewissen" kaum noch zu vereinbaren, einen Kunstrasenplatz zu bauen, der dann mit Kunststoffgranulat verfüllt wird, das durchschnittlich alle zehn Jahre erneuert werden muss. Frei nach Goethe: "Die Geister, die ich rief, werde ich wohl nicht mehr los" wird Kunststoff mit seinen langen Verfallszeiten uns noch sehr lange beschäftigen.Foto: ste

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