1. "Nicht auf unsere Kosten" sorgt für ein volles Haus

    Veranstaltung zum Straßenausbaubeitrag stößt auf sehr großes Interesse LINDHORST (bt). Für die Menschen in Baden – Württemberg, die Bürger in Berlin, Hamburg und Bayern sind Straßenausbaubeiträge kein Thema mehr. Diese Länder haben sie abgeschafft. Das Land Niedersachsen ist dabei, sich in dieser Frage neu zu orientieren. Die Landespolitik möchte reformieren, aber nicht aufheben. Die Kommunen können über eine Einführung oder Abschaffung selbst entscheiden. Die Städte Barsinghausen, Northeim, Laatzen, Oldenburg sowie die Landeshauptstadt Hannover und Neustadt am Rübenberge und einige mehr haben der Zahlung solch einer Abgabe inzwischen ein Ende gesetzt. Dies verkündete Tibor Herczeg, Geschäftsführer des Verbands Wohneigentum Niedersachsen, vor rund 170 Zuhörern im rappelvoll gefüllten Saal des Lindhorster Dorfgemeinschaftshauses Hof Gümmer. Die Siedlergemeinschaft Lindhorst und Matthias Hinse, fraktionsloses Mitglied des Gemeinderates und des Samtgemeinderates, hatten unter der Überschrift "Nicht auf unsere Kosten" zu der Veranstaltung eingeladen und waren von der Resonanz überrascht, wie Hinse in seinen Begrüßungsworten verriet. Der Ratsherr berichtete, dass die Gemeinde Lindhorst seit vielen Jahren über eine solche Straßenausbaubeitragssatzung verfüge. Diese sei allerdings noch niemals angewendet worden. Komme es im Zusammenhang mit der beendeten Sanierung einer Gemeindestraße zur Abrechnung der Baumaßnahmen, dann könnten nach den von Hinse eingeholten Informationen "Beträge in Höhe eines Kleinwagens" auf den einzelnen Grundstücksbesitzer zukommen. Die Satzung verpflichte den Eigentümer eines Grundstückes zur Beteiligung an den Sanierungskosten der Straße. Da stelle sich die Frage, was geschehe, wenn jemand, beispielsweise aus Altersgründen oder Arbeitslosigkeit, solch eine fünfstellige Summe nicht aufbringen könne. Das Ratsmitglied trug vor, der Gemeinderat habe im letzten Jahr eine Prioritätenliste aufgestellt, nach der die Sanierung von Gemeindestraße noch in der laufenden Amtsperiode des Rates angegangen werden solle. Dazu gehörten nach den Worten Hinses unter anderem die Südstraße, die Wiesenstraße und die Feldstraße in Lindhorst. "Das löst Angst bei den Leuten aus, die dort wohnen", stellte er fest. Es sei an der Zeit, das Thema "politisch wieder aufzunehmen". In den Fraktionen müsse nachgedacht und insbesondere über Alternativen gesprochen werden. Noch gebe es die Möglichkeit, den Bürger nicht mit solchen Beiträgen zu belasten.

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    Nach Auffassung von Tibor Herczeg, den die Veranstalter als Referenten eingeladen hatten, ist die Straßenausbaubeitragssatzung "nicht mehr zeitgemäß", "existenzgefährdend" und "verfassungswidrig". Kommunen in Niedersachsen könnten, außer im bestimmten Notfall, nicht gezwungen werden, solch eine Abgabe einzuführen - Gemeinden und Städte könnten sie also auch wieder abschaffen, so der Verbandsvertreter. Die Kommunen als Eigentümer einer Gemeindestraße, 90 Prozent der Kosten hätten die Grundstückseigentümer bereits durch die Zahlung der Erschließungskosten aufgebracht, seien verpflichtet, mit eigenen Mitteln für die Unterhaltung und Erneuerung der Straßen zu sorgen. Allerdings schreibe ein Gerichtsurteil von 2010 fest, dass durch die Sanierung einer Straße dem Anlieger "ein besonderer wirtschaftlicher Vorteil" entstanden sei. Dies nutzten die Kommunen als Basisargument für die Beibehaltung der Abgabe. Dies heiße auch, eine Klage vor Gericht sei durch die erfolgte Rechtsprechung wenig erfolgversprechend. Bürgerproteste hätten jedoch dafür gesorgt, dass über die Rechtssituation nachgedacht werde. Als Alternative zu einmalig anfallenden Straßenausbaubeiträgen führte der Referent die mögliche Nutzung der Grundsteuer an. Zwar käme damit eine Aufstockung dieser Steuer in Betracht, aber daran könnten Mieter ebenfalls beteiligt werden und sie liefere den Kommunen langfristige Planungssicherheit. Der Einführung sogenannter "Wiederkehrender Beiträge" statt Straßenausbaubeiträgen erteilte Herczeg eine Absage: "Die sehe ich kritisch". Damit Gemeinden ihren Aufgaben wie der Sanierung von Straßen nachkommen könnten, falle dem Land die Aufgabe zu, diese mit entsprechenden finanziellen Mitteln auszustatten. Die Aussprache im Anschluss ließ die Verunsicherung vieler Zuhörer deutlich werden. Was man als Anlieger tun könne, um die Anwendung der Satzung zu stoppen, wurde nachgefragt. Nach den Worten Hinses habe die Durchführung dieser Veranstaltung dafür gesorgt, diesen Prozess anzustoßen. Ein zweiter Schritt könne sein, "vor das Rathaus zu gehen" und obendrein die nächste Ratssitzung zu besuchen. Foto: bt

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