1. Sich erinnern für eine bessere Zukunft

    Gedenkfeier: Sorge um Rechtsruck in der Gesellschaft und Gewaltbereitschaft wächst

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    BAD NENNDORF (jl). Mit einem Zug der Erinnerung entlang der Stolpersteine in der Kurstadt haben rund 70 Teilnehmer an die Opfer der Pogromnacht vor 80 Jahren erinnert. Damals wurden im gesamten Deutschen Reich 400 Menschen jüdischen Glaubens ermordet oder in den Suizid getrieben sowie mehr als 1400 Synagogen und Versammlungsräume zerstört. Die Novemberpogrome markieren den Übergang von der Diskriminierung zur systematischen Verfolgung der Juden. "Mit großer Sorge beobachten wir die aufgeheizte politische Stimmung und den unübersehbaren Rechtsruck in unserer Gesellschaft", sagte Winfried Wingert. Der Vorsitzende des Bündnisses "Bad Nenndorf ist bunt" warnte vor einer steigenden körperlichen Gewalt und noch mehr Übergriffen. Er rief dazu auf, dagegen gemeinsam Gesicht zu zeigen. Obgleich es gelungen sei, die sogenannten Trauermärsche aus Bad Nenndorf zu verbannen, würden Antisemitismus und Rassismus andernorts "fröhliche Urständ feiern". Er verwies auf die für den darauffolgenden Tag geplante Demonstration von Neonazis in Bielefeld, um gegen die Inhaftierung der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck zu protestieren. Das Gedenken an die NS-Opfer sei wichtig, "weil wir wissen dass die Nazi-Ideologie immer noch viele Anhänger hat, und weil wir die Pflicht haben zu verhindern, dass diese Leute noch einmal an die Macht kommen", so Wingert. An die Vorgeschichte der faschistischen Novemberpogrome erinnerten Elftklässler des Gymnasiums. So wurden bereits 12.000 Juden, die in den 1920er-Jahren nach Deutschland gekommen waren, abgeschoben. Die Schüler beleuchteten aber auch einzelne Schicksale jüdischer Bürger. Die beiden Bad Nenndorferinnen Jeanette Apolant und Franziska Kahn beispielsweise mussten in ein Judenhaus in Düsseldorf ziehen. Von dort wurden sie im Juli 1942 ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, wo sie vier Monate später starben. Begleitet wurde die Gedenkfeier von jiddischer Musik und Trauergebeten, die Ludmilla Nekrasova von der Jüdischen Gemeinde für die Opfer des NS-Regimes sprach. Auch Pastor Achim Schultz-Waßmuth rief mit seinen Gebeten dazu auf, den in der Pogromnacht angegriffenen Menschen zu gedenken. Foto: jl

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