1. Judenfeindlichkeit ist immer noch zu spüren

    Vortrag eines israelischen Professors vor Schülern aus Stadthagen / Große Gleichgültigkeit in der Bevölkerung

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    STADTHAGEN (jb). Antisemitismus ist auch heute noch ein aktuelles Problem. Zu diesem Ergebnis kamen Schüler aus Stadthagen, nachdem sie unter anderem einen Vortrag des israelischen Historikers Prof. Dr. Gideon Greif hörten. Er berichtete von der Verfolgung und Erniedrigung der Juden zwischen 1933 und 1945 und richtete seinen besonderen Blick auf die Reichspogromnacht. Denn diese Nacht, die am vergangenen Freitag vor genau 80 Jahren stattfand, betrifft auch Greifs eigene Familiengeschichte. Sein Großvater wurde verhaftet und ins Konzentrationslager Buchenwald verschleppt. Doch während überall in Deutschland tausende Juden ermordet, unzählige jüdische Geschäfte ausgeraubt und jüdische Kultur verbrannt wurde, schaffte es Greifs Familie inklusive seines Großvaters zu Verwandten nach Israel zu fliehen. Dennoch habe Greif nie erfahren, was seinem Großvater im Konzentrationslager passiert sei, da dieser beim Verlassen des Lagers eine Schweigepflicht unterzeichnen musste. Rund 80 Schüler des 12. Jahrgangs der Berufsbildenden Schulen, der Integrierten Gesamtschule und des Wilhelm-Busch-Gymnasiums lauschten gespannt dem Vortrag - und wurden besonders hellhörig, als Irina Pirogova, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Hameln-Pyrmont, berichtete, dass es auch heute noch diesen Antisemitismus gibt. Einem Mädchen wurde in der Schule der Begriff "Judenschwein" hinterhergeworfen, der jüdische Friedhof in Hameln wurde vollkommen vermüllt und erst vor wenigen Wochen wurden die Fensterscheiben der Räumlichkeiten der Gemeinde in Hameln über Nacht eingeschlagen. "Für mich ist so etwas einfach schockierend", sagt die Vorsitzende. Auch Andreas Kraus, Vorsitzender des Vereins Ehemalige Synagoge Stadthagen, kann von ähnlichen Fällen berichten. Eine jüdische Gemeinde in Hannover, zu der auch ein Kindergarten gehört, sei Tag und Nacht videoüberwacht und mit Zäunen umgeben. Regelmäßig komme zudem ein Polizist in den Kindergarten, um gemeinsam mit den Kindern zu üben, wie man sich im Falle eines Attentats verhalten soll. Zudem würden im hiesigen Schaumburg jüdische Familien leben, die sich aus Angst nicht zu erkennen geben wollen. "Und diese Entwicklung finde ich äußerst bedenklich", schließt Kraus. Irina Pirogova kann dem nur zustimmen. Sie möchte gerne in Deutschland bleiben, weil sie sich hier zuhause fühlt. "Doch diese Gleichgültigkeit der Menschen und diese Parallelen zur dunklen Vergangenheit machen mir Angst", sagt sie. Denn auch heute noch werde weggeschaut - und das dürfe eben nicht sein. Ansonsten könnte sich die Geschichte rund um die Verfolgung und Erniedrigung der Juden wiederholen. Foto: jb

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