1. Das Dunkelfeld im Landkreis Schaumburg näher beleuchten

    Netzwerk "ProBeweis" dokumentiert Spuren nach einer Gewalttat

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    LANDKREIS (jb). Betroffenen fällt es häufig schwer, nach erlebter häuslicher oder sexueller Gewalt sofort zu entscheiden, ob sie eine Anzeige bei der Polizei erstatten wollen. Doch für ein mögliches späteres Gerichtsverfahren ist es sehr wichtig, Befunde und Spuren zeitnah zu dokumentieren. Dafür gibt es das "Netzwerk ProBeweis". Speziell geschulte Ärztinnen und Ärzte sorgen dafür, dass relevante Befunde sachkundig und gerichtsverwertbar dokumentiert werden. Sie unterliegen dabei der Schweigepflicht. Und nun ist auch das Agaplesion Ev. Klinikum Schaumburg eine von insgesamt 37 Untersuchungsstellen in Niedersachsen. Betroffene - Frauen als auch Männer - können kostenlos und anonym eine ärztliche Untersuchung für eine gerichtsverwertbare Beweissicherung in Anspruch nehmen. Zwar müssen auf einem Dokumentationsbogen nötige Personalien eingetragen werden, die dienen hinterher jedoch nur dem rechtsmedizinischen Gutachten. Jeder Betroffene erhält eine Nummer und bleibt damit anonym. Grundsätzlich werden gesicherte Spuren, wie Blut und Urin, für mindestens drei Jahre sowie die Dokumentation für 30 Jahre zentral im Institut für Rechtsmedizin der MHH aufbewahrt. Jeder Zeit können auf Wunsch des Betroffenen die Spuren vernichtet werden. Blut- und Urinproben werden zudem erst dann untersucht, wenn der Betroffene eine Anzeige erstatten möchte. Per Privatauftrag ist die Untersuchung jedoch schon vorher möglich. Finanzielle Unterstützung bietet der Weiße Ring. Wenn ein Vorfall zur Anzeige gebracht werden soll, können die Betroffenen der Polizei mitteilen, dass sie eine Untersuchung bei ProBeweis durchgeführt haben. Dann wird zumeist das rechtsmedizinische Gutachten der Polizei übermittelt. Der große Vorteil: die Betroffenen haben mehr Zeit und müssen sich nicht direkt nach der Gewalttat für eine Anzeige entscheiden. Dennoch gilt, primäre Ansprechpartner sind nach wie vor die Strafverfolgungsbehörden. Alle Partnerkliniken des Netzwerkes gehen bei einer Untersuchung nach den gleichen Standards vor. Dabei wird mit einheitlichen Dokumentationsbögen und den zur Verfügung gestellten Untersuchungskits gearbeitet. Die Kits enthalten verschiedene forensische Materialien wie Tupfer für Abstriche und Röhrchen für Blutproben. Nach einer Untersuchung werden die Umschläge versiegelt und in das Institut für Rechtsmedizin geschickt, wo sie für eine eventuelle spätere Verwendung aufbewahrt werden. Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegefachkräfte des Klinikum Schaumburg werden diesbezüglich regelmäßig geschult. Seit 2012 wurden bereits 817 Untersuchungen in Niedersachsen durchgeführt. 8,6 Prozent (Stand Mai 2018) wurden zur Anzeige gebracht, bei 10 Prozent der Fälle kam es zu einer Verurteilung. Stefanie Hoyer, Ärztin aus dem Institut Rechtsmedizin der MHH, ärgere es sehr, dass die Zahlen so niedrig seien, doch bundesweit sehe es noch schlechter aus. Sexualdelikte seien eben besonders schwere Fälle. Die Zahl der Delikte würde stetig ansteigen. "Wir wollten schon früher in das Projekt einsteigen, doch haben uns bewusst dafür entschieden, es erst mit dem Neubau zu tun", schließt Geschäftsführerin Diana Fortmann. "Deshalb freue ich mich umso mehr, dass es auch hier endlich offiziell losgeht." Das Netzwerk ProBeweis wurde 2012 vom Institut für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) gegründet und wird durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung gefördert. Foto: jb

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