1. Schlechte Luft und viel

    Wie die betroffenen Kommunen unter den ständigen Staus auf der A2 leiden

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    LANDKREIS (mk/jb). Die Autobahn A2 ist Dauerthema bei so ziemlich allen Verkehrsteilnehmern - denn selbst, wer sie nicht täglich auf dem Weg zur Arbeit nutzt, muss sich mit ihr befassen, wenn sich nach einem Unfall und dem daraus resultierenden Stau wieder einmal eine Blechlawine über die Landesstraßen schiebt. Das belastet die Kommunen von Auetal bis Bad Nenndorf in erheblichem Maße. Und seit Mitte Juli die Baustelle auf der A2 eingerichtet wurde, ist es (gefühlt) schlimmer geworden. Nach Auskunft der Polizeidirektion Hannover, die bis zur Landesgrenze Nordrhein-Westfalen für die A2 zuständig ist, gab es im Zeitraum vom 16. Juli bis 1. August 19 Unfälle mit insgesamt zwei Schwerverletzten. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 23 mit einem Schwerverletzten. Doch dank der Baustelle staut es sich schneller und meist auch länger, so dass die Ortschaften entlang der Ausweichstrecke trotzdem stärker darunter leiden. Im Auetal leidet die Lebensqualität Nenndorf wünscht sich mehr Absprache Rinteln möchte einen Blitzer In der Gemeinde Auetal sieht Bürgermeister Heinz Kraschewski dringenden Handlungsbedarf auf Bundesebene: "Der Bund sollte sich über den reinen Straßenerhalt hinaus beteiligen." Denn der oftmals zitierte Standortvorteil Autobahn - Stichwort höhere Gewerbesteuereinnahmen - würde die Belastungen nicht mehr wettmachen. Die Lebensqualität der Bewohner von Rehren, Bernser Landwehr, Bernsen, Hattendorf und Antendorf, aber auch der der anderen Ortschaften, leidet erheblich unter dem hohen Verkehrsaufkommen, so Kraschewski. Und Rehren ist durch die Besonderheit, dass die Auf- und Abfahrten direkt in den Ort führen, praktisch doppelt belastet. Mehr Unfälle gebe es nicht - dafür, so der Bürgermeister, würden die Fahrzeuge aufgrund des dichten Verkehrs viel zu langsam fahren. Er lobt die Anwohnerinnen und Anwohner für ihre Geduld - so mancher Autofahrer habe bei ihnen schon ein dringendes Bedürfnis erledigen dürfen. Was fehle sei die Wertschätzung der Arbeit von Feuerwehr und Rettungskräften sowie des DRK. Übrigens werden Kosten, die für dessen Einsatz auf der A2 entstehen, im Rahmen der Gefahrenabwehr auf die örtlichen Kommunen abgewälzt - eine weitere finanzielle Belastung der Gemeinde, so Kraschewski. Er machte seine Erwartungen deutlich: "Eine Wertschätzung von Bundesebene geht wirklich nur über Gelder." Ausstattung und Ausbildung der örtlichen Einsatzkräfte koste eben, damit könne die Kommune jedoch nicht alleine gelassen werden. Nenndorfs Samtgemeindebürgermeister Mike Schmidt fasst die Situation der vergangenen Wochen wie folgt zusammen: Das Verkehrsmanagement bezeichnet er als "als positiv bedenklich". Baustelle auf der A2 inklusive Sperrung der Anschlussstelle Bad Nenndorf, Sperrung der B442, Schließung des Bahnhofes in Bad Nenndorf - "die Samtgemeinde war von der Außenwelt abgeschnitten." In Zukunft würde er sich bei der Planung solcher Vorhaben mehr Absprache wünschen, die Maßnahmen an sich seien jedoch notwendig gewesen. 76 Prozent der Bevölkerung Nenndorfs pendelt, so Schmidt, und das Wachstum der Samtgemeinde hängt von der guten Infrastruktur ab. Diese habe in den vergangenen Wochen stark gelitten.Für den Kurort Bad Nenndorf bedenklich sei die Verkehrsbelastung in Bezug auf die regelmäßig durchzuführenden Luftmessungen. Da würde ein Tempolimit eingeführt, nachts dürfen keine Motorräder und Lkw durch den Ort fahren, doch dann sorgt ein Stau dafür, dass das Verkehrsaufkommen und damit die CO2-Belastung steigen. Das sei kontraproduktiv. Die Ortschaften Riehe, Waltringhausen und Hohnhorst mussten aufgrund der Sperrung der Bundesstraße erhebliche Einbußen ihrer Lebensqualität hinnehmen. Doch Schmidt hofft, dass nach Abschluss aller Arbeiten auch auf der A2, endlich Ruhe einkehrt und diese dann die nächsten zehn Jahre anhält. Grundsätzlich fordert er vom Bund mehr finanzielle Beteiligung an den Feuerwehren entlang der Autobahn. Das Argument, der Standortvorteil bringe mehr Steuereinnahmen, hinke. Denn die Gewerbesteuer erhalte die Stadt, doch die Feuerwehr müsse die Samtgemeinde tragen. Thomas Priemer, Bürgermeister in Rinteln, macht deutlich: "Eine europaweit bedeutende Autobahn wie die A2 mit 100.000 Autos am Tag geht nicht spurlos an Rinteln vorbei." Bei Staus fahren diese frühzeitig ab und folgen ihren Navis, die sie durch die angrenzenden Ortschaften führen und somit verstopfen. Die Unfallträchtigkeit auf der A2, so Priemer, belaste die Stadt, die Feuerwehr, die Finanzen und nicht zuletzt die Lebensqualität. Und selbst durch Staus auf der Autobahn komme es zu mehr Unfällen - nämlich Auffahrunfällen - da die Konzentration mit der Zeit nachlässt. Priemer fordert schon seit Jahren eine dauerhafte Geschwindigkeitskontrolle auf dem Abschnitt zwischen Feldheim und Bad Nenndorf. Allein die Topografie begünstige Unfälle, Lkw könnten häufig nicht mehr rechtzeitig bremsen, weil sie einfach zu schnell sind. Und in Bezug auf die Feuerwehr wünscht er sich eine bessere, finanzielle Unterstützung Seitens des Bundes. Schließlich würden die Einsatzkräfte hier umfangreiche Arbeiten leisten "und das alles zum Nulltarif." Er habe seine Forderungen immer wieder an das entsprechende Ministerium sowie an die heimischen Bundestagsabgeordneten herangetragen, "aber es passiert einfach nichts." Priemer sieht als einzige Chance, den vierspurigen Ausbau der A2 oder zumindest die Möglichkeit, in Spitzenzeiten den Standstreifen nutzbar zu machen. "Unsere Autobahn ist komplett genutzt", betont er. Alle würden mittlerweile die A2 meiden, ihm tuen vor allem die vielen Pendler Leid, die auf die Autobahn angewiesen sind. Zum Thema Blitzer äußert sich das Niedersächsische Ministerium ablehnend: Generell können Blitzer eine Maßnahme für mehr Verkehrssicherheit sein. Damit ein Blitzer aufgestellt wird, müsse allerdings zunächst sein Sinn und Nutzen an der Stelle, an der er stehen soll, geprüft werden. In einem umfangreichen Gutachten in Niedersachsen auf der A2 habe sich gezeigt, dass die Wirkung solcher stationären Blitzer vergleichsweise gering ausgefallen ist. Positive Auswirkungen in Bezug auf die Unfallsituation habe es dabei nicht gegeben. Anders sehe es aus, wenn es sich um einen konkreten Gefahrenpunkt, beispielsweise eine besonders enge Kurve, handelt. In diesem Fall könne ein Blitzer für eine bestimmte Streckenlänge für langsameres Tempo der Verkehrsteilnehmer sorgen und so die Unfallgefahr verringern. Auf dem Abschnitt zwischen Feldheim und Bad Nenndorf befindet sich nach Auffassung des Ministeriums ein solcher konkreter Gefahrenpunkt allerdings nicht. Eilsen fordert mehr Unterstützung der Feuerwehren Samtgemeindebürgermeister Bernd Schönemann sieht für Eilsen die A2 grundsätzlich als Vorteil, insbesondere in Bezug auf die Ansiedelung von Gewerbebetrieben. Sicherlich führe deren hohe Auslastung häufig zu Staus und der Umleitungsverkehr weiche dann auf die B83 aus, die dann ebenfalls verstopfe. Und insbesondere die Ortschaften Luhden und Heeßen würden darunter leiden, denn viele Autofahrer suchen sich vermeintlich schnellere Schleichwege. Auch die aktuelle Baustelle verschärfe die momentane Situation. Er sieht grundsätzlich einen dringenden Handlungsbedarf in Bezug auf die Infrastruktur, einen Ausbau der A2 würde er begrüßen. In Punkto Feuerwehr würde er sich vom Bund ebenfalls mehr Unterstützung freuen. Etwa einmal pro Monat müssten die Einsatzkräfte auf die Autobahn. Für ihre Arbeit benötigen sie spezielle Rüstwagen, die neben 2000 Liter Wasser auch Schere und Spreizer an Bord haben. Diese Ausrüstung ist sehr teuer und trotz Zuschüssen aus der Feuerschutzsteuer und des Landkreises stellt sie eine besondere Belastung für den Haushalt dar. Bereits vor zehn Jahren hätten die Anreinerkommunen mit dem Bundesverkehrsminister gesprochen, passiert sei jedoch nichts. Die A2, macht Schönemann deutlich, sei aber nicht per se schlecht: "Wir benötigen sie und sollten positiv denken." Rodenbergs Umleitungsstrecken werden belastet Sven Janisch, stellvertretend für den Rodenberger Samtgemeindebürgermeister Georg Hudalla, geht grundsätzlich nicht von einer Gefahrenlage durch die A2 für die Samtgemeinde aus, da viele Umleitungen außerorts geregelt seien. Doch das verbessere den Zustand der Umleitungsstrecken natürlich nicht. Gerade die Landesstraße nach Pohle werde durch die Umleitungen kaputt gefahren, so Janisch. "Und dann werden diese Nebenstrecken zu unserem finanziellen Problem. Das Land lässt die Umleitungsstrecken verfallen, während die Autobahn alle paar Jahre saniert wird." Für ein solches Verkehrsaufkommen seien die Nebenstrecken eben auf Dauer nicht ausgerichtet. Gleichzeitig hänge die Samtgemeinde jedoch an der A2, da viele Pendler in der Gemeinde leben. Doch durch Baustellen und Stau könnten Bürger ihren Arbeitsplatz nicht mehr verlässlich erreichen. Bei absolutem Stillstand auf der Autobahn komme es zum Stau in der Stadt selbst. Und dann müsse mit Hemmnissen gerechnet werden - die Autobahn sei eben ein Fluch und Segen zugleich. Doch "Gott sei Dank" sei das Unfallszenario bisher ausgeblieben - gerade auch für die überbelasteten Feuerwehrfrauen und -männer, so Janisch. Grundsätzlich rechne die Samtgemeinde mit mehr Verkehr, besonders mit Schwerlastverkehr, der auch in der Nacht durch die Samtgemeinde fährt und damit die Lebensqualität belaste. Regelmäßig wende sich die Samtgemeinde an das Straßenbauamt oder die Politik, um auf die überbelasteten Umleitungsstrecken aufmerksam zu machen. Bereits 2017 hieß es, dass sich die Straßensituation in Pohle "zügig" bessern sollte. "Doch aktuell hat sich da noch nichts geändert", sagt Janisch abschließend. Auch SPD-Bundestagsabgeordnete Marja-Liisa Völlers äußert sich zur hiesigen Verkehrssituation kritisch (wir berichteten). Generell sei einfach viel zu viel Verkehr auf den Straßen, eine Stärkung des Schienenverkehrs könnte Abhilfe schaffen. Zudem wies sie darauf hin, dass es hier vor Ort vier Landtags- und drei Bundestagsabgeordnete gebe, die man jederzeit per Mail oder Brief anschreiben könne, wenn es um Anliegen gehe, an denen Bund oder Land beteiligt seien. Foto: jb/pixabay BUZ: Gerade die Umleitungsstrecken werden in erheblichen Maße belastet.

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