1. Den Rindern geht das Futter aus

    Landwirte verzweifeln an der Hitzewelle / Bund und Länder wollen helfen

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    LANDKREIS (jb). "Eigentlich ernten wir alle vier Wochen und das ungefähr fünf Mal im Jahr. Doch der dritte Grünschnitt musste ausfallen." Hinrich Strüve wischt sich verzweifelt den Schweiß von der Stirn. "Man weiß einfach nicht, was man machen soll. So ein trockenes Jahr habe ich selbst noch nie miterlebt." Der Landwirt geht auf seinem Hof in Rinteln auf und ab. Doch nicht nur ihm macht die derzeitige Hitze zu schaffen, vor allem seinen Rindern geht es nicht gut dabei. Freiwillig gehen sie nicht mehr auf die Weide, höchstens in den frühen Morgenstunden. Zwei große Lüfter im Stall laufen Tag und Nacht und sorgen so für Abkühlung. Lediglich fünf Rinder stehen draußen auf der Weide. Und was noch dazu kommt: "Auf der Wiese, auf der sie eigentlich stehen, ist kaum noch Gras zu finden", erklärt Strüve. Der Weidenboden knirscht schon fast unter seinen Schuhen, so trocken ist er. "Diese Wiese hier müsste eigentlich gemäht werden. Aber ich habe Angst, dass sie dann komplett vertrocknet. Außerdem würde man durch das Abfahren kaum etwas gewinnen." Doch nicht nur im hiesigen Landkreis ist die Futterlage wegen der anhaltenden Trockenheit angespannt. Bundesweit werden erhebliche Ausfälle auch bei Zwischenfrüchten und Mais befürchtet. Produkte, die vorwiegend als Tierfutter genutzt werden. Gerade Landwirte im Norden Deutschlands haben tiefe Sorgenfalten auf ihren Stirnen, da dort einfach kaum Mais geerntet werden kann. Sie haben Angst, dass ihre Tiere verhungern. Strüve selbst hat daher mehr Stroh als in den vergangenen Jahren eingefahren. Im Winter wird er es dann zusammen mit Mais an seine Tiere verfüttern. "Damit man überhaupt etwas mit Nährstoffen hat, das man gut strecken kann." Mais habe er dieses Jahr genug eingefahren. "Aber wenn wir selber mehr behalten, ist das natürlich auch entgangener Gewinn." Seine Stirn verzieht sich nachdenklich. Derzeit müsste der Landwirt auch pflügen und Ackergras aussähen. Doch auch das würde sich nicht lohnen, denn im besten Fall würde das Gras keimen und dann doch wieder vertrocknen. "Man muss sich nur im eigenen Garten den Rasen anschauen. Dann weiß man, was los ist." Futter nachzukaufen sei für den Landwirt keine Alternative, denn entweder gäbe es einfach keins oder es sei viel zu teuer. "Man könnte die Felder auch beregnen lassen", überlegt Strüve, während er sich auf den Weg in seinen Stall macht. "Doch weder Anschlüsse noch Leitungen habe ich auf meinen Feldern. Und wegen einem heißen Jahr lohnt es sich nicht, diese Infrastruktur aufzubauen. Das kostet viel zu viel Geld - abgesehen von den ganzen Wasserkosten." Vereinzelt greifen Viehhalter sogar schon zu Notschlachtungen. Letzten Monat wurden zehn Prozent mehr Rinder geschlachtet. Ob Hinrich Strüve selbst daran denke? "Ja, leider schon." Der Landwirt seufzt. Generell geht er davon aus, dass es demnächst weniger Milch geben wird oder die Milchpreise ansteigen werden. Denn bei hohen Temperaturen schalten Rinder einen Gang runter, indem sie sich weniger bewegen und fressen. Dadurch geht die Verdauungsleistung zurück und schließlich auch die Milchproduktion. "Es kommt jetzt wirklich auf die nächsten Wochen an und ob es endlich gewittert. Das Wetter ist einfach unberechenbar geworden", schließt der Rintelner ab. Für die unter Trockenheit leidenden Landwirte besteht allerdings die Möglichkeit, Anträge auf Billigkeitsmaßnahmen oder Anpassung der Vorauszahlungen unter Einbeziehung der aktuellen Situation bei den niedersächsischen Finanzämtern zu stellen. Eine Billigkeitsmaßnahme wäre zum Beispiel, dass Steuern erst später gezahlt werden müssen. Im August wollen Bund und Länder zudem über weitere Hilfen für die betroffenen Landwirte diskutieren. Unter anderem soll eine Bestandsaufnahme der Witterungsschäden im Mittelpunkt stehen. Foto: jb/Landvolk

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