1. Holger G. muss für drei Jahre hinter Gitter

    Gerichtsurteil im NSU-Prozess erinnert an aufregende Tage in Lauenau / Nachbarn erinnern sich

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    LAUENAU (al). Der mutmaßliche Komplize der Mörder des so genannten Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU), Holger G., ist am Mittwoch vom Oberlandesgericht München zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Die Entscheidung weckte in Lauenau Erinnerungen an den November 2011. Damals war der Flecken bundesweit in die Schlagzeilen der Medien geraten. Am Abend des Volkstrauertags ging es durch die Nachrichten: Der seit 2007 in Lauenau lebende G. war am Morgen auf einer Tankstelle verhaftet worden. Der Grund: Er soll den beiden Männern geholfen haben, die nach einem missglückten Banküberfall in Eisenach in einem Wohnwagen Selbstmord begingen. Davor hatten sie neun Morde an türkisch- und griechischstämmigen Männern sowie einer Polizistin und 15 Raubüberfälle verübt. Wie später die Anklage dokumentierte, habe der damals 37-Jährige von seinem früheren Aufenthaltsort Langenhagen Wohnmobile angemietet, den Tätern seinen Führerschein überlassen und zuletzt im Rodenberger Rathaus sogar einen Reisepass beantragt, den er offenbar ebenfalls weitergab. Auch von einem gegen Geld veräußerten Personalausweis war die Rede. Am nächsten Morgen herrschte ungewöhnlich reger Betrieb in einer ansonsten stillen Wohnstraße am Rand von Lauenau. Kamerateams richteten Objekte auf das Haus mit der Nummer 25. Reporter fingen mit ihren Mikrofonen Stimmen der zum Teil verstörten Nachbarn ein. Niemand hatte geahnt, dass G. angeblich gemeinsame Sache mit Verbrechern machen würde. Unauffällig sei er gewesen und wohl kontinuierlich seiner Arbeit bei einer Spedition im nahen Logistikpark nachgegangen, hieß es. Seiner Verhaftung folgten wenige Stunden später Durchsuchungen im Wohngebäude. Streifenwagen und etliche Zivilfahrzeuge waren angerückt. Offenbar stellten sie belastendes Material sicher. Die Ereignisse hatten damals auch Auswirkungen auf den nach der Kommunalwahl soeben neu konstituierten Gemeinderat. Dieser beschloss eine Resolution mit dem Hinweis, dass es in Lauenau "für Hass und Gewalt, Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus keine Chance" gebe. Zuvor hatte der damalige und inzwischen verstorbene Bürgermeister Heinz Laufmöller vor laufenden Kameras forschen Fragen nach einer "braunen Zelle" im Flecken deutliche Absagen erteilt. Während die Hauptbeschuldigte im NSU-Verfahren, Beate Zschäpe, nach 437 Verhandlungstagen in dem jetzt fünf Jahre dauernden Prozess jetzt eine lebenslange Haftstrafe mit der besonderen Schwere der Schuld erhielt, stufte das Gericht die Mitangeklagten unterschiedlich ein. Bei Holger G. folgte es weder der Verteidigung, die zwei Jahre gefordert hatte, noch der Staatsanwaltschaft, die auf fünf Jahre Haft plädiert hatte. Drei Jahre soll G. als Unterstützer einer terroristischen Vereinigung sühnen. Im Zuge der Ermittlungen hatte er zugegeben, eine Waffe und Personalpapiere beschafft zu haben. Ob Verteidigung oder Staatsanwaltschaft das Urteil anfechten, ist bislang nicht bekannt. Foto: al

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