1. "Der Ärztemangel wird bald deutlich spürbar sein"

    Bessere Bedingungen für die Landärzte-Gewinnung / Altersdurchschnitt der Hausärzte steigt

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    LANDKREIS (jb). Wo immer Medien über Probleme im Gesundheitswesen berichten: Auch im Jahr 2018 ist weiterhin die Rede vom Ärztemangel. Aufgrund des demografischen Wandels und der mangelnden Vorsorge besteht dieses Problem gerade im ländlichen Raum. Darunter leidet die Allgemeinmedizin, denn angesichts dessen sind Hausärzte gefragter denn je - gerade durch unsere immer älter werdende Gesellschaft. Zu wenig Nachwuchs, zu wenig Bereitschaft und eine relative Benachteiligung in der Budgetverteilung stellen sich unter anderem als Probleme heraus. Die Folge: Nach dem Medizinstudium wählen nur zehn Prozent der Studenten die Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin - zu wenig, um die Versorgungslücken zu schließen. Daher soll der Stellenwert der Allgemeinmedizin in der Ausbildung erhöht werden, sodass sich am Ende mehr Nachwuchsmediziner für die Tätigkeit als Hausarzt entscheiden. Wie es zum Ärztemangel kam "Dazu muss man zunächst anmerken, dass es derzeit in Niedersachsen keine Unterversorgung im ambulanten Bereich gibt. "Ärztemangel" bezeichnet die Problematik, dass gerade Hausärzte auf dem Land zunehmend Schwierigkeiten haben, ihre Praxis an einen Nachfolger abzugeben, wenn sie in den Ruhestand treten", erklärt Dr. Bernhard Specker, Geschäftsführer der Bezirksstelle Hannover der Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN). Dafür gibt es eine Reihe von Gründen: "Unter anderem scheuen viele junge Ärzte die Anfangsverschuldung bei einer Praxisübernahme, sie interessieren sich mehr für ein Angestelltenverhältnis, um dieses Risiko zu vermeiden - gerade wenn es Ärztinnen sind, die sich in der Familiengründungsphase befinden." Ende des 20. Jahrhunderts gab es eine Niederlassungswelle. Diese Ärztegeneration wird in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand gehen. Das bedeutet, dass in relativ kurzer Zeit mehr Nachfolger gesucht werden, als neu ins System kommen. Altersdurchschnitt 
bei Hausärzten Denn in vielen Bereichen sind bereits mehr als ein Drittel der Hausärzte 60 Jahre oder älter. "Und der Altersdurchschnitt steigt stetig an", bemerkt Specker. Im Bereich Bückeburg beispielsweise beträgt der Versorgungsgrad 109,8 %. Der Altersdurchschnitt der Hausärzte liegt bei 55 Jahren. Fünf Hausärzte (27,7 %) sind älter als 60 Jahre. Im Bereich Nenndorf sind es 105,5 % und in Rinteln 94,2 %. Im Bereich Stadthagen beträgt der Versorgungsgrad nur 88,6 %. Der Altersdurchschnitt der Hausärzte liegt hier bei 57 Jahren, wobei 14 Hausärzte (35 %) älter als 60 Jahre sind. "Insgesamt sind derzeit 14 Hausarztsitze im Landkreis Schaumburg frei, davon allein zehn im Bereich Stadthagen, nachdem in den vergangenen Jahren mehrere Hausärzte ohne eine Nachfolge aus der Versorgung ausgeschieden sind", erklärt Specker. Aus der Sicht 
eines Hausarztes Dass das Durchschnittsalter der Allgemeinmediziner immer weiter steigt, sieht auch Dr. Ulrich Mohr, ein Allgemeinmediziner aus Bückeburg, als akutes Problem an. In ländlichen Gegenden stellt sich dann die Schwierigkeit, einen neuen Arzt zu finden, wenn der eigene in den Ruhestand gegangen ist. Das ist vor allem dann problematisch, wenn es sich um chronisch Kranke handelt, die regelmäßig ärztlich überwacht werden müssen. Auch längere Wege müssten auf sich genommen werden. "In Schaumburg gibt es Hausärzte, die älter als 70 Jahre sind. Sie wollen ihre Patienten allerdings nicht fallen lassen und arbeiten daher weiter, denn wir kennen unsere Patienten und ihre Vorgeschichte. Ein Patient kann mit mehreren Problemen zum Hausarzt gehen, denn er ist der "Facharzt für den ganzen Menschen". Hören jene Hausärzte nun altersbedingt auf, werden diese Probleme auf andere und vor allem mehrere Ärzte aufgeteilt. Es gäbe niemanden mehr, der alles koordiniert." Zum Hausärztemangel fallen ihm viele Gründe ein. "An Universitäten ist die Allgemeinmedizin generell schlecht vertreten oder hat keinen hohen Stellenwert. Die Studenten haben keine Vorstellung davon, wie spannend unser Beruf ist." Die Erkenntnis, dass die Allgemeinmedizin die Basis für alle weiterführenden Behandlungen ist, führe allmählich zu einer Aufwertung des Hausarztberufes. Zudem sei das Klischee, dass der Hausarzt immer 24 Stunden mit einer enormen Arbeitslast im Einsatz sei, nicht richtig. "Man kann das wunderbar steuern", spricht Mohr aus Erfahrung. Als ein weiteres Problem sieht er die Stadt-Land-Verteilung an. Viele Studenten gehen lieber oder bleiben direkt in der Stadt, in der sie studiert haben; das Land wäre unattraktiv. Dadurch seien Studenten generell schwer nach Schaumburg zu bekommen. Förderungen und 
Maßnahmen Das Niedersächsische Sozialministerium und die KVN unterstützen deswegen seit Ende 2016 die Ausbildung zukünftiger Hausärzte mit einem Hausarztstipendium. Die geförderten Studenten erhalten während ihres Studiums bis zu vier Jahre lang 400 Euro monatlich und verpflichten sich im Gegenzug, nach dem Studium als Hausarzt im ländlichen Raum tätig zu sein. Die KVN habe zudem in den vergangenen Jahren ein ganzes Bündel von Maßnahmen für den Ärztemangel entwickelt. Unter anderem hat sie zusammen mit dem Agaplesion Ev. Klinikum Schaumburg eine Verbundweiterbildung für den Landkreis Schaumburg ins Leben gerufen, bei denen die Hausarztausbildung in einer bestimmten Region zwischen dem regionalen Krankenhaus und den umliegenden Hausarztpraxen koordiniert wird. Auch veröffentlichte das Amt für regionale Landesentwicklung Leine-Weser die Broschüre "Hausarzt (m/w) gesucht!" mit Tipps zum Herangehen, Fördermöglichkeiten und Hintergrundinformationen zur aktuellen Situation. Damit sollen die an der Gesundheitsversorgung beteiligten Akteure unterstützt werden, sich untereinander mehr vernetzen und dann gemeinsam Lösungen finden. Die Broschüre ist online unter www.arl-lw.niedersachsen.de abrufbar. Foto: fotolia

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