1. Jugendkriminalitätsrate sinkt immer weiter

    Gefahr der nicht-physischen Gewalt über das Internet / Präventionsarbeit in neueren Bereichen weiter ausbauen

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    LANDKREIS (jb). Oft heißt es ja: "Jugendliche werden immer brutaler" und "Gegen Jugendliche müsste härter durchgegriffen werden". Dass die Jugendkriminalität in Deutschland jedoch immer weiter sinkt und auch die Zahlen der Delikte weiter rückläufig sind, wird von der Öffentlichkeit zunächst kaum wahrgenommen. Doch: "Zwischen 2007 und 2015 hat sich der Anteil der Tatverdächtigen pro 100.000 Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren um 50,4 Prozent reduziert, sprich: halbiert", heißt es in einer neuen Langzeitstudie im Auftrag des Bundesfamilienministeriums. Und auch im hiesigen Landkreis lässt sich dieser Trend beobachten. Generell gebe es einen Rückgang der Straftaten im Landkreis Schaumburg auf ein 10-Jahres-Tief; so steht es in der polizeilichen Kriminalstatistik des Landkreises Schaumburg für das Jahr 2017 (wir berichteten). Nach einem Anstieg im Jahr 2016 ist die Anzahl der durch Minderjährige begangenen Straftaten im vergangenen Jahr um 84 Taten auf 596 Fälle gesunken. 420 Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren befanden sich unter den Tatverdächtigen des vergangenen Jahres. Das entspricht in etwa 10,23 Prozent. "Diese Zahlen belegen, dass die deutliche Mehrheit der Jugendlichen die Gesetze respektiert und keine Straftaten begeht. Der erfreuliche Trend in diesem Kriminalitätsbereich zeigt aber auch, dass die vielfältigen Maßnahmen der Polizei, insbesondere in Zusammenarbeit mit den Schulen und anderen Netzwerkpartnern Wirkung zeigen. Insofern werden wir weiterhin an diesen Aktivitäten festhalten, um den positiven Trend zu verfestigen", erklärt der Leiter des Zentralen Kriminaldienstes, Kriminaldirektor Thorsten Walter. Im Zehn-Jahres-Vergleich ergibt sich auch im Land Niedersachsen ein Rückgang von fast 64 Prozent. Waren im Jahr 2008 noch 42.465 Fälle von 14- bis 18-jährigen verzeichnet und aufgeklärt worden, so waren es in 2017 nur noch 28.907 Fälle. Als Ursachen für den Rückgang der Jugendkriminalität sehen die Autoren der Studie, die Kriminologen Dirk Baier, Christian Pfeiffer und Sören Kliem, vor allem den Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit sowie der Gewalt in Familien. Haben Jugendliche eine Perspektive und wissen, wo sie hinwollen, entwickeln sie seltener Aggressionen. Auch geben immer mehr junge Menschen bei Schülerbefragungen an, dass sie in ihrer Kindheit keine Gewalt erlebt haben. 1998 berichteten 57 Prozent der befragten Schüler, dass ihre Eltern sie gelegentlich schlügen. 2015 waren es noch 39 Prozent. Ein starker und positiver Wandel der elterlichen Erziehungskultur sollen laut den Forschern der Grund hierfür sein. Doch auch wenn die körperliche Gewalt in den Familien, unter Freunden oder Bekannten weiter zurückgeht, wächst die Gefahr der nicht-physischen Gewalt - und zwar im Internet. Die Forscher der Studie weisen hierbei vor allem auf das sogenannte "Cyber-Bullying" hin, bei dem Kinder oder Jugendliche über das Internet oder über Handy-Messenger belästigt, genötigt oder bedrängt werden. Als weitere Herausforderungen sehen die Spezialisten zudem die sogenannte "Teen Dating Violence", bei der es zum Verbreiten von Gerüchten oder gar zu Gewalthandlungen in Partnerschaften und sexueller Gewalt kommt. Gerade im Hinblick auf die Präventionsarbeit müsse man in diesem Bereich weiter ausbauen. "Die Präventionsarbeit darf in den bisherigen Bereichen nicht nachlassen und muss sich gleichzeitig neuen Bereichen und Phänomenen widmen", betonen die Kriminologen. Unter anderem sprechen sie so auch den Bereich der Integration von Migranten und vor allem Flüchtlingen an. Denn einen Anstieg der Jugendkriminalität von 12,3 Prozent gab es in den Jahren 2015 und 2016. Laut den Kriminologen sei vor allem der Zuzug von Flüchtlingen eine Ursache hierfür. Gleichzeitig weisen sie aber darauf hin, dass diese Zahlen mit Vorsicht interpretiert werden müssten, da die genaue Entwicklung der Bevölkerungszahlen in diesem Zeitraum nicht sicher sei. 
Foto: pixabay

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