LANDKREIS (wa). Alles, was kreucht und fleucht: Egal ob Biene, Wespe oder Käfer. Sterben die Insekten, bricht unser Lebensfundament, das Ökosystem zusammen. Weltweit ist das Insektensterben kritisch zu sehen - Langzeitstudien haben ergeben, dass die Insektenpopulation in den letzten 27 Jahren um mehr 75 Prozent gesunken ist. Pestizide, Betonwüsten in Stadt und Land, "pflegeleichte" Gärten ohne Artenvielfalt und weitere chemische Belastungen in der Umwelt sorgen dafür, dass den Kleinlebewesen ihre Lebens- und Nahrungsquelle genommen wird. In Schaumburg wollen deshalb Landwirte und Imker zusammenarbeiten. Zum ersten Stammtisch organisiert vom Landvolk Weserbergland haben sich kürzlich rund 40 Imker und Landwirte in Gelldorf getroffen. Gegenseitiges Verständnis hatte an diesem Abend Priorität. Die erste gemeinsame Etappe: Der Politik Druck machen. Warum? Landwirte die Blühstreifen aussäen, rechnen mit einer Subventionierung zwischen 700 und 875 Euro, arbeiten sie dazu gemeinsam mit einem Imker zusammen gibt es 100 Euro obendrauf. Das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat unter dem Punkt "Agrarumweltmaßnahmen" allerdings als einziges Bundesland das Einsäen für einjährige und mehrjährige Blühstreifen bis zum 15. April datiert. Laut Landwirten und Imkern ist dieses Datum jedoch mehr als kontraproduktiv. "Gerade 2017 konnten wir sehen, dass zu diesem frühen Zeitpunkt aufgrund der kühlen Temperaturen die Saat in vielen Fällen gar nicht aufging. Der Zeitpunkt war viel zu früh. Aus unserer Sicht sollte der Termin deshalb besser auf den 15. Mai verlegt werden. Im Übrigen auch, da nicht blühende Blühstreifen, die als Agrarumweltmaßnahme angelegt wurden, zu massiven Sanktionierungen für Landwirte führen können. Diese mit den Blühstreifen einhergehende Bürokratie ist ein entscheidender Grund dafür, warum viele Landwirte die Finger von Blühstreifen lassen", erklärt Thomas Wille, als Pressesprecher des Landvolks Weserbergland. Da der ehemalige Landwirtschaftsminister Christian Meyer an diesem frühen Termin festhielt, hoffen die Landwirte nun, dass die neue Landwirtschaftsministerin diesen Termin korrigiert. Übrigens: Pestizide und Düngungen sind auf Blühstreifen untersagt. Für die Bienen wäre eine Aussaat Mitte Mai ebenso sinnvoller, da sie sonst im Sommer keine Trachtquellen (geeignete Blüten, die Nektar und Pollen bieten) mehr finden. Heiko Schulz vom Imkerverein Stadthagen erklärte, dass die Bienen im Frühjahr auf Weiden, Obstbäume und Raps angewiesen sind. Im Frühsommer auf Linde und Himbeere. Ab Mitte Juli biete nur noch der Honigtau von sogenannten Lachniden (Baumläuse) ein Nahrungsangebot. Dies sei fatal, da von August bis September die sogenannten Winterbienen erbrütet werden. Diese sind die Arbeiterinnnen, die einen kompletten Winter bis zum folgenden März oder April überleben. Sie haben also eine deutlich längere Lebenserwartung als die Sommerbiene und pflegen die erste Brut des neuen Jahres. Ein Volk benötigt rund 50 Kilogramm Pollen im Jahr. Zu Beginn der Saison benötigen die Bienen zudem Frühblüher wie Märzbecher, Schneeglöckchen und Krokusse - hier können auch Gartenbesitzer mithelfen. Peter Davidovic stellte den Landwirten eine geeignete Saatenmischung vor: verschiedene Kleesorten, Bienenweide (Phacelia), Ölrettich, Flachs und Senf gehören laut Davidovic zu den effektivsten Trachtpflanzen nach der Rapsblüte. In Schaumburg gibt es derzeit 200 Imker und etwa 1200 Bienenvölker. "Wir sind alle voneinander abhängig. Wir sollten einsäen, was uns allen schmeckt", hielt Heinrich Müller fest. Marion Peuker regte zudem an, dass jeder Imker zu seinem benachbarten Landwirt Kontakt aufnimmt, um sich bei den Spritztagen abzustimmen. Abschließend wurde eine Kontaktliste erstellt, die Landwirte und Imker vernetzen soll. So besteht auf beiden Seiten weiterhin viel Redebedarf, der in gemeinsamen Workshops im Frühsommer weitergeführt werden soll. Als wichtige Stellschraube in Sachen Politik solle nun Junglandwirt Lukas Lange-Daake, Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, das Problem des verfrühten Aussaattermins weitergeben.
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"Wir sind alle voneinander abhängig"
Erster Imker-Landwirte-Stammtisch zeigt Handlungsbedarf auf / Problem Politik: Aussaattermin soll verschoben werden
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