RINTELN (ste). Eigentlich hätte es eine recht harmonische Verabschiedung des Haushalts für 2018 werden können, wäre da nicht Dr. Ralf Kirstan von der FDP gewesen. Während sich Veit Rauch (CDU), Heinrich Sasse (WGS) und auch Astrid Teigeler-Tegtmeier von der SPD eher handzahm gegenüber der Verwaltung gaben, orientierte sich Dr. Kirstan an nackten Zahlen und zitierte aus Schuldenstatistiken im Internet. Demnach stehe Rinteln auf Platz drei der Pro-Kopf-Verschuldung. Er mahnte deshalb: "Keine neuen Steuern, dafür unnötigte Kosten vermeiden und Prozesse in der Stadt optimieren!" Schon in seiner Haushaltsrede kündigte er zur Freude der SPD an, dass der Ankauf der Flächen der ehemaligen Prince-Ruppert-School im Nachtragshaushalt von ihm kritisch gesehen werde. Da kochte in Priemer schon erkennbar das Blut: "Falsch!", konstatierte er und der Vergleich der Städte sei "...Äppel mit Birnen" zu vergleichen. Man könne nur Kommunen mit gleichen Angeboten für ihre Bürger miteinander in Vergleich setzen. Dr. Kirstan bescheinigte seinem Bürgermeister: "Sie haben ein zwiespältiges Verhältnis zu Statistiken!" Wer jedoch nachliest unter Haushaltssteuerung.de erkennt, dass Rinteln tatsächlich mit 2.975 Euro im Jahr 2016 (Tendenz steigend) weit oben in der Tabelle liegt. Nur Hann. Münden, Nordenham und Ronnenberg haben mehr Schulden pro Kopf. Stadthagen hat in dieser Tabelle 937 Euro pro Bürger. Das Rinteln sich nicht zurücklehnen kann in Sachen Sparen zeigt auch der Bund der Steuerzahler auf. Rinteln rangiert weit oben in der Statistik bei der Frage, welche Schulden ausgelagert sind in Nebenhaushalten wie Stadtwerken und anderen kommunalen Betrieben. Mit fast 80 Prozent Platz zwei hinter Sehnde mit 90 Prozent. Und auch die Haushaltsrede von Stadtkämmerer Jörg Schmieding liest sich nicht wie ein Sparbuch mit Luft nach oben. Den 45 Millionen Euro Rekordertrag für 2018 stehen 44,4 Millionen Rekordausgaben entgegen. Schon jetzt ist ein Nachtragshaushalt für weitere Großprojekte wie die Prince-Ruppert-School zu erwarten. Und dabei sind Rintelns Straßen so marode wie selten zuvor. 10,5 Millionen Euro gibt Rinteln aus für die Bildung und Betreuung von unter zehnjährigen Kindern und auch hier mahnte Schmieding: "Wir können die Tilgung dieser Kosten nicht unseren Kindern hinterlassen und müssen auch mal Nein sagen können!" Geduld sei bei einigen Projekten gefragt, denn ab 2020 soll es keine Netto-Neuverschuldung im Haushalt mehr geben. Doch Nein zu sagen fällt vielen Ratsmitgliedern schwer. So wurden auch die Anträge der Grünen abgeschmettert, 36.000 Euro für die Pflasterung des Parkplatzes am DG-Haus Uchtdorf zu sparen, die 50.000 Euro für die Beleuchtung des Klosters Möllenbeck zu streichen und auf die Straßenlampe für 12.500 Euro in Goldbeck für drei Anwohner zu verzichten. Foto: ste
-
"Ich lass‘ mir meine Stadt nicht von Statistiken kaputtreden"
Bürgermeister wehrt sich gegen Schuldenvergleiche Rintelns
Dieser Eintrag wird bereitgestellt durch Schaumburger Wochenblatt | Impressum