1. Die Handbremse kann nicht mehr gezogen werden

    Der B 65-Ausbau: Kritik an Streckenführung, Landverbrauch und Sinnhaftigkeit

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    RODENBERG (al). Heftigen Gegenwind haben die Straßenplaner im Rodenberger Schulzentrum erfahren müssen. Bei einer gemeinsamen Sitzung der Fachausschüsse von Stadt und Samtgemeinde meldeten sich zum vorgesehenen "2+1"-Ausbau der Bundesstraße 65 zwischen Beckedorf und Bückethaler Landwehr nicht nur Politiker zu Wort. Unter den 150 anwesenden Zuhörern wurde deutliche Kritik laut, gab es lautes Raunen und zynischen Beifall. Ehrlicher Applaus galt nur Hartmut Meyer. Der zuständige Sachgebietsleiter des Hamelner Straßenbauamts hatte das Vorhaben detailliert beschrieben.

    Danach sollen auf dem sechs Kilometer langen Teilstück fünf Abschnitte mit wechselnden Überholbereichen und fünf Nothaltebuchten entstehen. Elf Brücken und Untertunnelungen sind erforderlich, um querenden Verkehr auszuschließen. Rad- und Feldwege müssen neu angeschlossen oder verlegt werden. Zweimal sind spezielle Fledermauskorridore vorgesehen. Einen völlig neuen Verlauf nimmt die B 65 zwischen Rodenberg und der Kreuzung "Drei Steine": Hier rückt die Trasse an die Deisterstadt heran, wird in einem Trog abgesenkt. Über eine Brücke verläuft die B 442. Kreisverkehre ordnen Zu- und Abfahrten beider Fahrbahnen. Dagegen bleibt die höhengleiche Kreuzung Bückethaler Landwehr samt Ampelregelung bestehen. Der Knotenpunkt Algesdorf wird völlig neu gestaltet. Zu ihm führt die von Riepen kommende Kreisstraße. Es ist auch eine Brücke vorgesehen. Wer aber von Stadthagen kommend in den Ort will, muss sich als Linksabbieger mit Ampelregelung einreihen. Prompt gab es ein erstes Raunen beim Publikum. Auch eine völlig neu anzulegende Verbindung zu Cecilienhöhe und Mooshütte in Höhe Landwehr wurde mit abfälligem Beifall bedacht. Dass genau dort eine ehemalige Mülldeponie im Boden schlummere, war der Behörde offenbar nicht bekannt. Außerdem wurde kritisiert, dass die jetzt vorgelegte Planung bereits einige Jahre alt sei und zum Beispiel die jüngst entstandene Siedlung Steinriesen IV noch gar nicht in Sachen Lärmschutz berücksichtige. Rodenbergs Ausschussvorsitzender Hans-Dieter Brand bilanzierte: "Die Verbindung wird nicht attraktiver." Seine Samtgemeinde-Kollegin Elisabeth Rautenberg-Röver beklagte den immensen Landverbrauch. Ratsfrau Nicole Wehner fragte nach dem generellen Nutzen für die Samtgemeinde Rodenberg und formulierte die Sorge, dass Bad Nenndorf die freien Flächen zwischen Trasse und "Drei Steine" als Gewerbegebiet nutzen könnte. Der Lauenauer Klaus-Werner Volker stellte die ganze Sinnhaftigkeit des Projekts in Frage: "Ich sehe keinen Vorteil für die gesamte Strecke zwischen Bad Nenndorf und Stadthagen." Hamelns stellvertretende Geschäftsbereichsleiterin Uta Weiner-Kohl erwiderte mit dem Hinweis auf höhere Verkehrssicherheit und leistungsfähigere Knotenpunkte. Unter den Zuhörern ängstigte sich Uwe Märtens vor einem die Landschaft verändernden "Riesenbauwerk direkt vor Rodenberg" und beklagte einen "irren Aufwand, um Stadthagen die Autobahn vor die Tür zu bringen". Meyer widersprach: "Die gesamte Strecke zwischen Nenndorf und Minden soll ertüchtigt werden." Der Rodenberger Jürgen Wulf warte nach eigenen Angaben auf eine erste Reaktion des "Bundes der Steuerzahler": "Hat jemand noch den Mut, diese Planung wieder an die Seite zu legen?" Wehner hieb in die gleiche Kerbe: "Wo kann man hier noch die Handbremse ziehen?" Märtens forderte, freiwerdende Gelder in den öffentlichen Personennahverkehr zu stecken: "Auch das entlastet die Straßen." Er forderte zudem auf, die früher einmal diskutierten Varianten noch einmal vorzulegen und neu zu verhandeln. Das Schlusswort hatte Landrat Jörg Farr. Er erinnerte an den Beginn der Planungen vor jetzt über 15 Jahren, als der Ausbau der B 65 als Ersatz für die nicht realisierte Autobahn 30 erfolgen sollte. Die Ideen für den Raum Nenndorf/Rodenberg seien 2007 entwickelt worden. "Hier den Raum zu gliedern, ist sehr schwer", stimmte er den Straßenbauern zu. Hinzu komme, dass "Nenndorf, Rodenberg und Lauenau prosperierende Gemeinden sind, was auch zu mehr Verkehr führt". Andererseits sei er sehr nachdenklich geworden, weil "hier zum ersten Mal starker Widerstand zu hören ist". Es gebe unterschiedliche Interessenlagen, aus denen nun das Beste zu machen sei: "Deshalb müssen wir die Diskussion zwischen Gemeinden und Straßenbaubehörden weiterführen und dann auch noch mal nach Berlin fahren." Foto: al

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