1. Hass mit sehr viel Humor bekämpfen

    Firas Alshater spricht in der "Kulturkirche"über Integration, aufgehenden Hefeteig und Steuernummer

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    RODENBERG (jl). Einen Abend zwischen bewegenden Momenten und herzlichem Lachen haben die Besucher der "Kulturkirche in St. Jacobi" mit Firas Alshater erlebt. Der gebürtige Syrer erzählte von Erlebnissen in seiner Heimat, seinem neuem Leben in Deutschland und kulturellen Unterschieden. In einem Videoaufmacher zeigte Alshater, der über seinen YouTube-Kanal bekannt geworden war, die Kriegszerstörungen in Syrien, flüchtende Menschen, schreiende Eltern und tote Kinder. "Man kann Hass nicht mit Hass bekämpfen, den bekommt man nur zurück", sagte der 25-Jährige, der wegen politischer Videoaufnahmen neun Monate im syrischen Gefängnis saß und auch gefoltert wurde. "Wenn ich Hass mit Humor bekämpfe, bekomme ich mindestens ein Lächeln zurück." So auch von den Besuchern in der St.-Jacobi-Kirche, die schmunzelnd lauschten, wie Alshaters seine ersten Tage in der Bundesrepublik erlebt hat. Er berichtete von "putzigen Polizisten", die nach den Papieren fragten, seinem Asylantrag und seinem allerersten Brief ("In Syrien schicken wir keine Post"). Der war allerdings auf Deutsch und entpuppte sich nach intensiver Recherche als Steuernummer-Mitteilung – obgleich Alshater anfangs weder einen Sprachkurs besuchen, noch arbeiten gehen durfte.

    Nach Deutschland gekommen sei er übrigens eher zufällig und "ganz langweilig mit dem Flugzeug in zwei Stunden", sagte Alshater. Er sollte einer Produktionsfirma helfen, seinen gedrehten Film zu finalisieren. Von sich aus hätte er seine Heimat wohl nicht verlassen. Zurück möchte er jetzt aber auch nicht mehr – zumindest nicht so lange der Grund für den Krieg und die Millionenflucht, Assads Regime, noch da sei. Eklatante Unterschiede machte er im Wahlsystem aus. "Wenn du bei uns geboren wirst, bist du automatisch in einer Partei, die immer zu 99,9 Prozent gewählt wird", erzählte Alshater. In Deutschland erlebe er zum ersten Mal, dass er seine Meinung sagen könne, ohne Angst vor einer Verfolgung haben zu müssen. Dass Polizei Demonstranten schützt und sie nicht niederschießt, habe ihn überrascht. Auch hätte er nie gedacht, dass es Helikopter gibt, die Menschen in Krankenhäuser bringen, statt sie anzugreifen. Typisch deutsch sei für ihn nicht die Pünktlichkeit, sondern Sätze wie "Du sprichst sehr gut deutsch" und "Du bist sehr gut integriert". Menschen könnten nun mal Sprachen erlernen, stellte Alshater heraus und rief dazu auf, andere zu akzeptieren. Die Integration selbst verglich er in einem Videoclip mit aufbackendem Hefeteig: Es dauere. Das hat ihm auch ein Experiment gezeigt, in dem er mit verbundenen Augen auf dem Alexanderplatz in Berlin auf fremde Umarmungen wartete. Sein Fazit: "Die Deutschen brauchen längere Zeit, aber dann sind sie nicht mehr zu stoppen. Deswegen glaube ich, die Integration wird klappen – irgendwann." Foto: jl

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