1. Ökonomische und soziale Werte schaffen

    Unternehmer diskutieren über christliche Verantwortung / Die soziale Marktwirtschaft habe "im Kern protestantische Wurzeln"

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    BÜCKEBURG (mk). "Miteinander im Gespräch zu sein, ist unsere gesellschaftliche Pflicht", so Landesbischof Dr. Karl-Hinrich Manzke zu Beginn des Unternehmertages. Eingeladen hatten die Ev.-Luth. Landeskirche Schaumburg-Lippe, die Kirchenkreise Herford, Lübbecke, Minden und Vlotho der Evangelischen Kirche von Westfalen in Verbindung mit der "Initiative für evangelische Verantwortung in der Wirtschaft Mittel- und Osteuropas". Thema: Zwischen wirtschaftlichen Zwängen und der Förderung des Gemeinwohls: Christliche Verantwortung für unternehmerisches Handeln.

    Alles, so Manzke in seiner Begrüßungsansprache, laufe auf eine Frage hinaus: Wo liegt die Position eines evangelischen Christen, einer evangelischen Christin in Bezug auf die Wirtschaft? Deutschland sei bekannt für seine Ausgewogenheit von Wirtschaft und Sozialem, dies gelte es zu erhalten. Die soziale Marktwirtschaft habe "im Kern protestantische Wurzeln", so Manzke. Und Superintendent Dr. Uwe Griczan betonte, es gehe darum zuzuhören, nicht zu belehren. In seinem Einführungsvortrag ging Professor Dr. Dr. Andreas Barner dann auch auf den Reformationsgedanken ein, der den Ursprung der Entwicklung zur heutigen sozialen Marktwirtschaft markiere. Barner ist seit 2009 Sprecher und seit 2012 Vorsitzender der Unternehmensleitung der Boehringer Ingelheim GmbH und dort verantwortlich für den Unternehmensbereich Personal und Pharma Forschung, Entwicklung und Medizin. Außerdem gehört Andreas Barner dem Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages an. In seinem Vortrag warf er einen Blick zurück und nannte als ein Beispiel Jakob Fugger, der sein Vermögen unter anderem durch den Verkauf von Ablassbriefen vergrößert hat. Allerdings brachte ihm dies einen schlechten Ruf ein, und so schuf er 1521 in Augsburg günstigen Wohnraum – eine klassische Marketingkampagne. Für Luther, so Barner, ging die unternehmerische Verantwortung jedoch weiter. Er forderte Gerechtigkeit in allen Belangen der Wirtschaft auch in Bezug auf die Preise und sah Zinsen eher kritisch. Letztendlich spiegelt sich der Aufbruchsgeist der Reformation laut Barner in der Wirtschaft wider. Für Luther sei Arbeit Pflicht gewesen, aber immer gesehen als Aufgabe, als Berufung. Gleichzeitig erhielt die Bildung eine andere Bedeutung, selbst in Bezug auf die Frauen, die ja ebenfalls in der Lage sein sollten, die Bibel zu lesen. Das alles habe das wirtschaftliche und unternehmerische Denken und Handeln verändert und letztlich zur sozialen Marktwirtschaft geführt. Auf heutige, ethische Fragen in Bezug auf Unternehmensführung bezogen, fordere der christliche Gedanke, dass Führungspersönlichkeiten mit den ihnen anvertrauten Ressourcen verantwortungsbewusst umgehen. Die soziale Verantwortung und die Positionierung des Unternehmens am Markt müssen miteinander hergehen. Wirtschaftstheoretiker zeichnen jedoch ein eher gesellschaftsfeindliches Bild, so Barner. Laut ihnen würde ein egoistisches und rein von wirtschaftlichen Belangen geprägtes Handeln zwar im Einzelnen durchaus schädlich sein, in der Summe jedoch zu einem positiven Ergebnis führen. Die vergangene Finanzkrise habe diese Theorie jedoch widerlegt, wie Barner betonte. Seiner Meinung und Erfahrung nach ist langfristiger unternehmerischer Erfolg nur mit ethischem Handeln möglich. Es gehe immer darum, einen Ausgleich zwischen dem Schaffen von ökonomischen und sozialen Werten zu erreichen. In Deutschland gebe es viele gute Beispiele dafür, aber auch negative wie zum Beispiel die Deutsche Bank und der Volkswagen Konzern. "Die Frage nach dem Unternehmenswert über den Gewinn hinaus wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen", ist sich Barner sicher. Und jeder Unternehmer müsse sich selbst damit befassen und auseinandersetzten wie er seiner Verantwortung und seinen Verpflichtungen nachkommen kann. Die Sicherung der Existenz des Unternehmens sei zwar entscheidend, ziehe gleichzeitig komplexe Fragen mit sich, da sich Veränderungen sowohl auf die Mitarbeiter, aber auch auf die Gemeinde auswirken. Abschließend betonte Barner, dass "ein Unternehmer weder die Menschen, die im Unternehmen arbeiten, noch die Gesellschaft aus den Augen verlieren darf", nur daraus entstehe langfristig positives Wachstum. Nach dem Einführungsvortrag diskutierten auf dem Podium heimische Unternehmer zusammen mit den anwesenden Gästen über ihre alltäglichen Erfahrungen. Aber auch die Frage, wie der Gedanke der sozialen Marktwirtschaft global umgesetzt werden kann, wurde gestellt. Foto: mk

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