1. Platz erhält den Namen "Dr. Ernst Blumenberg"

    Rat folgt der Initiative der Jüdischen Gemeinde und nicht dem VA-Beschluss / Stadtdirektor entdeckt Beschluss von 1987

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    BAD NENNDORF (jl). Genau genommen hätte sich der Stadtrat die gut einstündige und zeitweise zähe Diskussion um die von der Jüdischen Gemeinde und weiteren Unterstützern angestoßene Benennung des Zentralen Platzes in "Dr. Ernst Blumenberg"-Platz sparen können. Denn: Ein entsprechender Beschluss, den Stadtdirektor Mike Schmidt zutage förderte, existiert bereits – aus dem Jahre 1987. Dem schlossen sich die Mandatsträger am Ende mehrheitlich an.

    Bis zu dieser Erkenntnis brauchte es allerdings drei gescheiterte Vorstöße dem einstigen jüdischen Mediziner und Verfolgungsopfer des NS-Regimes einen Ort zu widmen. Eine Behandlung, die Jürgen Uebel als "beschämend und nicht angemessen" empfand (die Sitzung war für Einwohnerfragen unterbrochen worden). Er warnte vor einem hastigen Schnellschuss und nannte es eine "vertane Chance", würde der Rat kurzerhand der ablehnenden Haltung des Verwaltungsausschusses folgen. Ziel der Initiative sei die thematische Auseinandersetzung gewesen, so Uebel. Viele würden den Arzt, der seit 1920 in Bad Nenndorf praktizierte und während der Weltwirtschaftskrise verarmte Patienten kostenlos weiterbehandelte, gar nicht kennen. Wie Uebel betonte auch Bernd Reese für die Grünen, die einen zusätzlichen Antrag auf jene Benennung eingereicht hatten, dass keine Adressänderungen vorzunehmen seien. Bauamtsleiterin Annette Stang hatte zuvor von einem "Verwaltungsakt" gesprochen, den die Namensgebung auslösen würde. Einige Politiker wie Friedrich Varwig (SPD) störten sich zudem daran, dass die Hauptstraße in diesem Fall unterbrochen würde. Das sei sie entgegen früherer Zeiten durch die Bezeichnung "Promenade" ohnehin schon, warf Schmidt ein. Das Landgrafenhaus liegt an der Hauptstraße 2, Haus Kassel hat die Nummer 4. "Was kann es für einen besseren Ort geben als ganz nah an der einstigen Wirkungsstätte von Dr. Blumenberg?", fragte Ralph Tegtmeier (SPD) ins Gremium. Mit einer pikanten Entdeckung meldete sich Schmidt zu Wort. Einen Teilbereich der Hauptstraße Blumenberg zu widmen, war im Jahre 1987 gescheitert. In einem zweiten Beschluss aber hieß es, las der Verwaltungschef aus dem damaligen Protokoll vor, dass bei Neugestaltung des Platzes vor dem Kurhaus dieser "Dr. Ernst Blumenberg" heißen soll. Imke Hennemann-Kreikenbohm (Grünen) plädierte dafür, dem "gesellschaftlichen Erfordernis nachzukommen" und "dem Antisemitismus keine Chance zu geben". Erich Thies (CDU), der die Benennung ablehnte, erinnerte an die Millionen Opfer und Tote durch das NS-Regime. Blumenberg selbst lebte nach seiner Flucht bis 1973 in den USA. Weil auch viele andere Personen jene Widmung verdient hätten, warb Ortrud Göring (FDP) für einen neutralen Namen wie "Zentraler Platz". Der war bis dato ein Arbeitstitel und nicht rechtmäßig. Entscheiden kann nur der Rat. Volker Busse (SPD) setzte der Diskussion ein Ende und beantragte im Sinne des 30 Jahre alten Beschlusses die Benennung – begrenzt auf die Fläche vor dem Kurhaus und ohne Umnummerierungen für die Hauptstraße. Das musste Reese noch einmal wiederholen, ehe sich ein Dutzend Politiker anschließen konnte. Fünf aus der CDU/FDP-Gruppe waren dagegen, es gab vier Enthaltungen. Allein dorthin zu kommen artete in eine Debatte aus, da der Rat erst dem VA-Beschluss zustimmen musste, um zum gewünschten Antrag zu gelangen. Foto: jl

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