1. Die Bedürftigkeit steigt mit enormen Tempo

    Die Tafeln des DRK versorgen Bedürftige an vier Standorten / Der Bedarf an Ausgabemöglichkeiten ist immens hoch

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    LANDKREIS (ds). "Aus Liebe zum Menschen" ist das Credo der Tafeln des DRK Kreisverband Schaumburg e.V.. Mit zwei Tafeln in Stadthagen und Rinteln sowie den Ausgabestellen in Bad Nenndorf und Obernkirchen sollen Menschen in Not unterstützt werden. "Wir befürchten, dass die Dunkelziffer von denen, die wir nicht erreichen, noch sehr groß ist", sagt Heidi Niemeyer, hauptamtlich Beschäftigte und Koordinatorin der Tafeln. "Der Großteil komme wirklich aus der Not heraus." In Bezug auf die Altersarmut steige die Zahl der Rentner immer weiter an. Das sei anhand der Aufnahmeformulare zu erkennen. "Sie müssen in so einer Not sein, dass sie sagen, es geht einfach nicht mehr", erzählt Heidi Niemeyer. Ein Teil der Bedürftigen seien auch Witwen im Rentenalter. Da der Mann zu damaligen Zeiten für das Einkommen sorgte, müssen sie heute mit einer kleinen Rente auskommen. "Zum Ende des Monats kann es auch mal sein, dass selbst die zwei Euro für die Tafel nicht mehr da sind." Die Zahl der Bedürftigen Flüchtlinge steige auch stetig an. Durch den Familiennachzug nehme die Zahl nicht ab. Um die Bedürftigen zu unterstützen, findet in Obernkirchen am Montag, Mittwoch und Freitag die Ausgabe statt. An den restlichen Standorten von Montag bis Freitag täglich. In Obernkirchen und Bad Nenndorf sei der Mittwoch nur für Rentner, Kranke, "Kunden" mit Betreuern und Alleinerziehenden reserviert, um zu lange Wartezeiten zu vermeiden. Es werde allerdings noch auf die anderen zwei Standorte ausgeweitet. Ein Erwachsener müsse zwei Euro für den Erhalt bezahlen, pro Kind einen Euro. Die Höchstgrenze für Großfamilien liege bei sieben Euro. Die Standorte erhalten die Waren von circa 40 Märkten und Bäckereien. "Alle, die Lebensmittel übrig haben, rufen uns an und wir holen es ab und geben es auch dann aus", sagt Heidi Niemeyer. Aus ökonomischen Gründen verbleiben die Lebensmittel in den Orten, in denen sie gesammelt worden. Nicht alles, was die Tafel empfängt, kann auch ausgegeben werden. Die Kisten mit den Lebensmittelspenden werden in den Märkten teilweise über Tage zusammengestellt. Da kann es vorkommen, dass die Ware einige Tage in der Kiste liegt und dann nicht mehr verwertbar sei. Diese werde dann aussortiert. Spenden erhalten die Tafeln aber auch durch Sonderaktionen. Als Beispiel haben die umliegenden Rewe-Märkte gepackte Taschen für fünf Euro verkauft. Die Kunden konnten damit durch die Märkte gehen und am Ende des Einkaufs abgeben. Beim letzten Mal erhielten die Tafeln 800 dieser Taschen. Trotz der vielen Spender werden die Lebensmittel immer knapper. "Wir hangeln uns von Woche zu Woche, was die Lebensmittel angeht", sagt Niemeyer. Gerade in den Sommermonaten sei es sehr eng. "Der Bedarf ist wirklich da und so, wie wir die Entwicklung sehen, steigt er stetig. Die Bedürftigkeit steigt schneller an als wir Lebensmittel dazubekommen." Die frische Ware, also zum Beispiel Obst oder Fleisch, die aus den Märkten geliefert wird, müsse auch zeitnah ausgegeben werden. Dennoch reiche es teilweise nicht mehr aus. Für Flüchtlinge beispielsweise ist das Angebot meistens sehr begrenzt. Wurst oder Schweinefleisch nehmen sie nicht. Sie weichen auf Obst, Gemüse, Brot oder auch Kuchen aus. Ähnliches gilt für Vegetarier oder Veganer. Diese Lücke werde mit Konserven, die aufgrund des langen Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) als Vorräte gelten, ausgeglichen. Auch bei Babys fehle es oft an richtiger Nahrung. Wer helfen möchte, könne dies mit Spenden von Lebensmitteln, die ein längeres MHD haben, tun. Diese können an den Stellen direkt abgegeben werden.

    Ein anderes Problem sei die Infrastruktur, da z.B. Sachsenhagen zum Einzugsgebiet Bad Nenndorf gehört. In den Ferienzeiten fahren die Busse nicht so regelmäßig wie zu Schulzeiten, was das Erreichen der Standorte für die Bedürftigen schwierig macht. Des Weiteren werden auch ehrenamtliche Arbeiter benötigt. Einmal die Woche würde genügen, auch als Fahrer oder Beifahrer für den Lebensmitteltransport. Größtenteils seien es Rentner, die bei den Tafeln aushelfen. Jede Unterstützung wird benötigt und dankend angenommen. Die Herkunft sei egal, da die Tafeln "Multikulti" eingestellt seien. Mit sogenannten FiM-Stellen (Flüchtling in Migration) wollen die Tafeln Schaumburg Flüchtlinge in das Arbeitsleben integrieren. Zwei arbeiten am Standort Stadthagen. Man könne von der Arbeit auch profitieren. Langzeitarbeitslose, die durch eine Maßnahme des JobCenters in der Tafel begonnen haben, sind teilweise wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt eingegliedert. Für die "Kunden" sei der soziale Kontakt helfend. Für viele sei dies der Einzige des Tages. Sie tauschen sich aus, helfen untereinander oder seien sogar zu Freunden geworden. Teilweise kämen sie auch schon früher, um sich mit anderen an der Ausgabestelle zu treffen. Dabei spiele es keine Rolle, der erste vor Ort zu sein. "In Stadthagen liegen sie auf Decken in der Grünfläche und unterhalten sich miteinander", sagt Niemeyer. "Die Arbeit an sich ist ganz toll und sinnvoll - und sie wird uns auch nicht ausgehen." Foto: ds

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