In der Lehrküche im Gästehaus Edelweiß stehen Getreidekörner bereit zum Mahlen. Radieschen, Möhren und Kartoffeln warten darauf gebürstet zu werden. Geschält werden hier nur die Zwiebeln, macht Tina Sturm klar. Das halbe Dutzend Damen um sie herum nickt. Die Anweisung an diesem Vollwert-Kochabend, zu dem der Kneipp-Verein gemeinsam mit der Gesundheitsberaterin eingeladen hat: Speisen ohne Auszugsmehl und Fabrikzucker zubereiten. Es geht um die Ernährungsweise nach Dr. Bruker (1909-2001).
"Auszugsmehl enthält nur noch den weißen Kern des Getreidekorns", erklärt Sturm, "die Randschichten und der Keim wurden entfernt"– genau die Komponenten, in denen die wichtigen Vitalstoffe stecken. Der Nachteil: Der Keim ist ölhaltig, solches Vollkornmehl wird irgendwann ranzig. "Und wie ersetzt du den Zucker?", fragt eine Teilnehmerin des Kochkurses, zu dem, das lernen alle gleich am Anfang, das Du gehört wie das Dressing zum Salat. Durch Honig. Aber das sei doch auch Zucker. Sturm differenziert: Herkömmlicher Zucker ist raffiniert und alles andere als natürlich. Honig aber ist ein Naturprodukt und enthält, wenn er nicht über 42 Grad erhitzt wird, viele Vitamine. Zum Erstaunen der Frauen backt sie auch damit. Fünf Jahre ist es her, dass die Gesundheitsberaterin den Zucker aus ihrer Küche verbannte. Seitdem macht sie alles selbst, Fertigprodukte kauft sie nicht. Dafür aber Honig im Kilogebinde, noch vor der Abfüllung. "Und was ist mit Ahornsirup?"–"Genau das gleiche", schüttelt Sturm den Kopf. Zu stark behandelt, als das es noch natürlich ist. Und das Natürliche ist die Prämisse einer vitalstoffreichen Vollwertkost. Spätestens jetzt wird deutlich, diese gesunde Ernährung durchzuziehen, verlangt einiges an Disziplin. Ein letzter Versuch aus der Reihe der Damen: "Aber Bananendicksaft aus dem Reformhaus…"–"Da ist zwar kein Zucker drin", entgegnet die Expertin prompt, "aber die Banane ist solange gekocht, bis da auch nichts mehr drin ist." Und wer auf Stevia schwört, der sollte einmal das Blatt der als Zuckerersatzstoff verwendeten Pflanze kauen – ein gruseliger Geschmack. Das Pulver sei genauso ein Industrieprodukt. Und was ist mit Fleisch? So wenig wie möglich. "Wenn man das volle Korn isst, hat man alles, was man braucht", nimmt Sturm die Sorge vor einem möglichen Vitamin-B-Mangel. Jeden Morgen ein Frischkorngericht zu essen, das gebe Energie, mache satt und nehme auf Dauer den Heißhunger auf Süßes. Lohnt sich der Aufwand in der Küche überhaupt? Aber ja, ist Sturm überzeugt. Auch aus eigener Erfahrung. Sie leidet an Multipler Sklerose, einer unheilbaren Krankheit. Das ist ihr aber nicht anzumerken. Sie selbst sagt: "Mir geht es besser denn je." Auch ihre Arthrose in den Fingern habe sie gut im Griff, seitdem sie sich nach den Vorgaben Dr. Brukers ernährt. Bruker war Gründer sowie Vorsitzender der Gesellschaft für Gesundheitsberatung (GGB), bei der sich auch Sturm hat ausbilden lassen. Die richtige Ernährung vermeide Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Rheuma oder Herzinfarkt. Sie halte gesund. Foto: jl