STADTHAGEN (jb). Die Beratungs- und Interventionsstelle BISS traf sich am Mittwoch, dem 31. Mai, zu einer erneuten Diskussionsrunde. Referentin war diesmal Dagmar Freudenberg vom Landespräventionsrat Niedersachsen, Fachstelle Opferschutz. Der "Große Runde Tisch BISS" beschäftigte sich diesmal mit dem Thema "Neue Medien, Cybercrime, digitale Gewalt im Kontext der häuslichen Gewalt". Vertreterinnen und Vertreter der Netzwerkpartner aus Justiz, Polizei, Gesundheits- und Jugendamt sowie der Beratungsstelle und der AWO waren zum Diskutieren eingeladen.
Das Co-Team der BISS trifft sich immer zwei bis vier Mal im Jahr mit Vertretern der Netzwerkpartner, um den aktuellen Sachstand zu diskutieren und vor allem den Transport von Informationen zwischen diesen zu ermöglichen. "Die Mischung aus Information und Intensivierung durch die Vernetzung aller Partner macht die Großtische aus", sagte Colette Thiemann, stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte. "Dieses mal gab es 42 Zusagen." Janina Schmidt der BISS Beratungsstelle für Häusliche Gewalt stellte zunächst den Sachstand vor. Dabei ging sie vor allem auf die Problematik mit den Flüchtlingsfrauen ein, mit denen sie selbst intensiv arbeitet. Auch sprach sie das Stalking an. 2014 waren es etwa 21.000 angezeigte Fälle, von denen es jedoch nur zu 205 Verurteilungen kam. Vor allem Kinder und Jugendliche seien es, die davon betroffen waren. Und daran knüpfte sich nun Dagmar Freudenberg an. "Die häusliche Gewalt vererbt sich und macht die Gesellschaft vom Kern her kaputt", betonte sie. Auf sechs Themen ging sie in ihrem Vortrag ein. Ganz vorne standen dabei die sogenannten neuen Medien. Die heutige Generation nutze die Medien anders, für sie wären diese ein zusätzlicher digitaler Lebensraum. Allerdings würde die Kommunikation mit ihnen nicht immer positiv oder erwünscht ausfallen. "Im Internet bleibt alles stehen. Von Beleidigungen bis hin zu Androhungen. Jugendliche sind häufig von Cybermobbing und Stalking betroffen", erklärte Freudenberg. Cybermobbing führe oftmals zu Folgestörungen, psychischen Problemen oder gar Traumatisierungen. Und dies sei noch nicht einmal strafbar. Denn oftmals mangele es an Beweismitteln. Ohne diese sei die Polizei und Justiz machtlos und dem Schutzauftrag wäre so schwieriger nachzukommen. Eine schnellere Kontaktaufnahme durch die heutigen Medien und vor allem das Smartphone führe auch zu häuslicher Gewalt in minutenschnelle, gegen die es nur begrenzte Abwehrmöglichkeiten gäbe. Stalking sei kein einmaliges Delikt, sondern ziehe sich über einen längeren Zeitraum. Viele Taten werden mittels IT-Technik geplant, vorbereitet und durchgeführt. Auch sogenannte Spionage Apps, die getarnt auf das eigene Smartphone aufgespielt werden können, ermöglichen die Kontrolle über den Nutzer. Der Täter weiß, wo sich sein Opfer wann befindet und kann diese Apps sogar als Wanze benutzen. "Das Handy ist die Kommunikationsmöglichkeit. Die einzige mögliche Sicherung bleibt jedoch nur ein PIN", so Freudenberg. Strafanzeigen und Strafverfahren seien eine Möglichkeit dagegen vorzugehen, bedeuten aber gleichzeitig eine zusätzliche psychische Belastung für das Opfer. "Ein Drittel der Täter hört auf, wenn die Polizei ins Spiel kommt. Das nächste Drittel wird nach einer Verurteilung ablassen. Doch das letzte Drittel ist nicht zu beeinflussen. Und das sind die Gefährlichsten", erklärt Freudenberg. Das Gewaltschutzgesetz helfe bei hartnäckigen Tätern nämlich nicht. Präventionen, juristisch gebildetes Personal, Netzwerkarbeiter für eine konsequente Verfolgung und identifizierbare Freiheit im Internet seien nötig, um in Zukunft Fälle von Cybermobing und Stalking zu unterbinden. "Vernetztes Arbeiten ist in solchen Fällen unabdingbar", so Freudenberg. Es gäbe bereits Kurse für Schüler und auch Eltern, um auf die richtige Nutzung des Internets und der Medien hinzuweisen. Denn nicht nur Kinder können zu viel von sich im Netz zeigen. "Wie soll man denn Kindern vermitteln, was man machen darf und was nicht, wenn man sich selbst nicht an die Regeln hält?", wirft Colette Thiemann die Frage auf. Ein Gesamtschutz im Internet sei genauso wichtig, wie im Gespräch zu bleiben und die Opfer im Blick zu behalten. "Zu diesem Thema gibt es keine Schlussworte", betont Freudenberg zum Schluss und erhält dafür auch rege Zustimmung der Diskussionsrunde. Zum Dank für ihren Vortrag überreichen ihr Undine Rosenwald-Metz, Gleichstellungsbeauftragte, und Colette Thiemann einen Blumenstrauß. Foto: jb