OBERNKIRCHEN (jb). Noch einmal werden in Obernkirchen und Vehlen am 6. Juni 18 Steine vor jenen Häusern verlegt, in denen Juden bis zu ihrer Flucht, ihrer Ausweisung aus der Heimat oder ihrer Ermordung in einem Konzentrationslager gelebt hatten. Unmittelbar nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 mussten allen Bewohnern in Deutschland die Augen dafür geöffnet sein, dass die seit Jahrhunderten hier lebenden Juden kein Existenzrecht mehr in Deutschland besitzen würden: Der Boykottaufruf am 1. April 1933 "Kauft nicht bei Juden" und die öffentliche Verbrennung jüdischer Literatur nur zehn Tage später wurden zu einem sichtbaren Zeichen für alle in Deutschland Lebenden. Grauenhaftes würde während der Nazi-Herrschaft in den nächsten Jahren geschehen.
Jeder Stein auf den Gehwegen soll daran erinnern, dass hier Menschen gewohnt hatten, die innerhalb weniger Wochen grundlos aus ihrem sozialen Umfeld ausgeschlossen wurden: Nachbarn grüßten plötzlich nicht mehr, Vereine untersagten ihre Mitgliedschaft, Schüler wurden aus ihren Schulen ausgewiesen, jüdischen Ärzte und Rechtsanwälten verloren ihre Rechte zur Berufsausübun Vielen gelang noch rechtzeitig die Flucht in ein Land, das eine begrenzte Anzahl von Flüchtlingen aufzunehmen bereit war. Menschen aus Obernkirchen ließen meist ihr gesamtes Hab und Gut zurück und fanden Asyl nach abenteuerlichen Wegen in Neuseeland, in Südamerika und in den USA. Andere hatten erwartet, dass dieser "Spuk" bald wieder enden und jeglicher antisemitischer Hass begraben würde. Für sie kam die Flucht aus Deutschland oft zu spät. Sie wurden in Viehwaggons geladen, in osteuropäische Regionen verfrachtet und dort ermordet.Die Stolpersteine mahnen: Das Ungeheuerliche, Grausame und Unmenschliche, das in der Mitte des letzten Jahrhunderts vor unseren Türen geschah, kann sich jederzeit in einer neuen Tarnung wiederholen. Der Mensch ist offensichtlich zu jedem Verbrechen fähig. Das Gedenken an Menschen, die in unserem Land und in unserer Stadt gelitten haben, soll unser Bewusstsein schärfen und unser Gewissen sensibilisieren, dass so etwas nie wieder geschehen darf. Losgehen soll es um 13 Uhr in der Vehlener Straße 61 bei Familie Meyersber. Von dort aus geht es weiter zu Familie Leeser in der Maschstraße 9, Ehepaar Scheiberg.