RINTELN (km). Nach der Vorstellung seines neuen Buches in Stadthagen will der Rintelner Künstler Eg Witt demnächst auch in Rinteln aus seinem Roman vorlesen, und zwar am Mittwoch, dem zehnten Mai, von 16 bis 17 Uhr auf dem Marktplatz. Die Handlung könnte eigentlich in jeder beliebigen norddeutschen Stadt spielen, befand Witt beim Vorgespräch - aber viele Einheimische, die ihre Jugend in den 50er Jahren erlebten, würden Rinteln wohl eindeutig als Ort der Handlung des "Schweinekassierers" erkennen. Dabei taucht Witt die Zeit durchaus auch noch einmal in ein neues Licht. - Der größte Wunsch des einundzwanzigjährigen Protagonisten Hans Trestow ist es, mit seiner noch minderjährigen Freundin Analisa, Tochter der Flüchtlingsfamilie Weber, einmal zelten zu gehen - "in einer norddeutschen, spitzgiebeligen Kleinstadt an der Weser", wie es im Original vielsagend heißt. Mitte der Fünfzigerjahre des vorigen Jahrhunderts, auch im Arbeitermilieu einer Glasbläsersiedlung mit jeder Menge waschechter Kommunisten... sei das wohl "ein ziemlich ungebührliches Ansinnen" gewesen. Ob sich das "schrecklich harmlose Vorhaben" des jungen Verlagskaufmannes und Hobbylaienspielers Hans letztlich dennoch in die Tat umsetzen lasse, entscheide sich aber erst am Schluss. In den prüden 50ern sei "allerorten Verdrängung angesagt". Am allerbesten gelinge das offenbar Alfons Göbel, einem Pförtner, der auch die Versicherungsbeiträge der Glasbläser für die "Schweinekasse" einsammele und von allen daher nur Schweinekassierer genannt werde: "Der einst glühende Nazi, den auch der Verlust eines Armes beim Russlandfeldzug nicht von seiner Verblendung abzubringen vermochte, macht mit Hass- und Hetzreden heftig Stimmung gegen Flüchtlinge." - In einem Klima, in dem sich die Alten den bohrenden Fragen der Jungen konsequent verweigerten, versuchten Hans sowie seine Freunde Wolfgang und Claus in einer Laienspielgruppe, die sich die Parabel "Der gute Mensch von Sezuan" von Bertolt Brecht vornimmt, "eine sinnvolle Freizeitgestaltung zu erlangen". Bevor aber Hans mit seinem Kumpel Chris zu einer unterhaltsamen und nicht folgenlosen Reise nach Amsterdam aufbricht, schlägt sein Verhältnis zum Schweinekassierer um in eine "persönliche Feindschaft" um. - Eg Witt, geboren am 18. April 1943 in Rinteln, entstammt einer Glasmacherfamilie. Vor seiner Tätigkeit als Künstler übte er verschiedene andere Tätigkeiten aus. Seit 1989 lebt er wieder in seinem Geburtsort als freischaffender Maler, Bildhauer und Schriftsteller - nach langjährigen Aufenthalten unter anderem in St. Gallen, Montreux, München und Wolfenbüttel. Foto: km
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Wer seiner Jugend in den 50ern erlebte, wird Rinteln erkennen
Eg Witt liest in aus seinem Roman "Der Schweinekassierer"
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