HÜLSEDE (al). Sechs Jahre lang hat die heute in Hülsede lebende Musikerin Christina Ziegler alle möglichen Versuche unternommen, die Wand- und Gewölbemalereien der Hülseder St. Ägidien-Kirche zu entschlüsseln. Sie schrieb "Briefe an den unbekannten Maler", ließ aus der Bibel zitieren und ergänzte ihr Vorgehen mit szenischen Darstellungen und jeder Menge Musik. Doch die Bilder bleiben voller Rätsel.
Auch die jetzt siebte Veranstaltung namens "Ton in Ton" ließ Fragen offen, gab aber den Zuhörern im vollbesetzten Gotteshaus neue Denkanstöße, sich mit allmählich schmerzenden Nacken den jetzt genau 440 Jahre alten Bildern zuzuwenden. Denn es sind nicht ausschließlich biblische Szenen, die sich über die lange Zeit erhalten haben. Keine Frage: Der Maler wollte schon den Betrachtern seiner Zeit viel mehr sagen als nur das visualisierte Bibelwort. Ziegler setzte den Schwerpunkt diesmal auf die Inschriften, die mal in lateinischer, mal in altdeutscher Sprache verfasst sind. "Warum sprechen Ihre Bilder in so vielen Zungen? Hätte nicht eine einzige Sprache genügt? ließ sie in ihrem Brief fragen. Aber welche? Die Initiatorin inszenierte mit ihrem aus Jugendlichen bestehenden "TonTheater" eine Diskussionsrunde mit katholischer und evangelischer, griechischer, englischer und hebräischer Beteiligung, die sehr bald in ein babylonisches Kauderwelsch mündete: Jeder wollte seine Sprache verwendet wissen. Dem setzte der "über sphärische Direktübertragung zugeschaltete" Martin Luther einen überlieferten sibyllinischen Rat entgegen: "Ich trete für ein kindgerechtes Deutsch ein", tönte es aus der Höhe der Kanzel. Am Ende der zweistündigen Veranstaltung sparte das Publikum in der vollbesetzten Kirche nicht mit Applaus. Schon vorher hatte es immer wieder den insgesamt über 60 Mitwirkenden dankbaren Szenenbeifall gespendet. Neben mehreren Instrumentalsolisten, Moderatoren und einer Sängerin waren gleich drei Chöre dabei mit einer Kombination von Klassik bis Moderne, vom Weihnachtslied bis zur heiteren Parodie. Zweifellos hätte der große Reformator, der doch selbst Freund klarer Worte war, an diesem theologischen Disput in kurzweiliger Verpackung seine helle Freude gehabt. Foto: al