1. Auszubildender muss "tatkräftig helfen"

    Ein Streit löst große Diskussionen aus / Meister Dirk Tetzlaff hadert mit der Handwerkskammer / Problem kein Einzelfall

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    Firmeninhaber Dirk Tetzlaff versteht die Welt nicht mehr. "Wie sollen Lehrlinge lernen, wenn sie nicht vor Ort eingesetzt werden", fragt er, "ich kann ihn doch nicht nur an den Computer setzen und Bücher lesen lassen". Deshalb geht es ihm auch nicht um den vergleichsweise lächerlichen Betrag, sondern um das Prinzip. Beim Geschäftsführer der Schaumburger Kreishandwerkerschaft, Fritz Pape, fand er Gehör. "Wer mithilft und Handreichungen erledigt, darf auch auf der Rechnung erscheinen", erklärte dieser auf Anfrage und sah "die Gemeinschaft" in der Pflicht: "Wir wollen gut ausgebildete junge Leute im Handwerk. Dafür entstehen eben auch Kosten, die getragen werden müssen." Zu Recht gebe es je nach Ausbildungsjahr bestimmte Quoten. Im vorliegenden Fall seien es 65 Prozent vom üblichen Gesellenlohn, da der betroffene Auszubildende im dritten Jahr stehe. Die Frau aus dem Raum Bad Münder, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen wollte, sah sich nach einem Anruf bei der Handwerkskammer in ihrer Ansicht bestätigt. Der Jurist und Leiter der dortigen Schlichtungsstelle, Daniel Hofmann, differenzierte genau: "Nur wenn der Lehrling tatkräftig zum Erfolg beiträgt, kann abgerechnet werden", betont er. Will heißen: "Reicht er nur Werkzeug an, ist das zu wenig." Hofmann sagte auch, dass Lohn für den betrieblichen Nachwuchs unter den allgemeinen Firmenkosten zu verbuchen sei. Für Tetzlaff würde dies bedeuten, den Stundensatz für einen Gesellen auf der Rechnung erhöhen zu müssen. Dies komme für ihn aber nicht in Frage: "Es wäre doch letztlich ein Betrug am Kunden." So hadert der Handwerksmeister mit der Kammer, deren Zwangsmitglied er ist: "Wir sollen Lehrlinge einstellen, Ausbildungsplätze für Flüchtlinge schaffen und unsere Rechnungen transparent für die Kunden gestalten." Dann müsse er sich auch noch mit "solchen Sachen herumschlagen". Dass die Angelegenheit kein Einzelfall zu sein scheint, hat dem SW inzwischen ein Elektrobetrieb bestätigt. Es komme schon mal vor, dass der Lehrlingsanteil auf der Rechnung kritisiert würde. In anderen Branchen sei dies gar nicht nachvollziehbar, verweist Tetzlaff zum Beispiel auf die Autowerkstatt: "Da stehen nur Arbeitswerte drin, und ich sehe nicht, ob der Meister oder der Auszubildende geschraubt hat." Lehrling Dennis Falius ist inzwischen recht betroffen, was sich zu seiner Person inzwischen entwickelt hat. An jenen Auftrag Anfang Januar könne er sich noch gut erinnern, berichtet er: Er habe selbst unter dem Kessel mit nach den Ursachen für den Wasseraustritt gesucht und dabei festgestellt, dass es sich um kein Leck, sondern nur um Kondensat handele. Die Kundin dagegen bleibt bei ihrer Darstellung: "Er hat dem Gesellen nur eine Zange gereicht." Inzwischen wurde die Rechnung beglichen – allerdings gekürzt um den umstrittenen Betrag einschließlich Mehrwertsteuer. Tetzlaff hat nicht nachgefasst, sondern etwas Anderes getan: die Kundin aus seiner Kartei gestrichen. Foto: al

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