BÜCKEBURG (sk). Die medizinische Fachrichtung der Pneumologie stand jetzt im Mittelpunkt eines Vortrags, zu dem die Bückeburger Senioren-Union eingeladen hatte. Als Referent stand der Union Dr. med. Maik Brandes, Chefarzt der Abteilung Innere Medizin, Pneumologie und Intensivmedizin am Krankenhaus Agaplesion in Bückeburg, für einen Vortrag über das Thema "Pneumologie im Schaumburger Land - was Sie ihren Chefarzt schon immer mal fragen wollten" zur Verfügung. Erfrischend offen und informativ berichtete Brandes über das "faszinierende Organ Lunge". Ein Organ, das für die lebenswichtige Funktion der Atmung zuständig ist und dessen Oberfläche fast 200 Quadratmeter beträgt. Über ungefähr 300 Millionen winzige Lungenbläschen erfolgt der Gasaustausch, bei dem Sauerstoff vom Blut aufgenommen und Kohlendioxid vom Blut wieder abgegeben wird.
Wie Brandes berichtete, geht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) davon aus, dass 2020, nach Herzgefäßerkrankungen und Schlaganfällen, vornehmlich Lungenleiden wie COPD (englische Abkürzung für chronische obstruktive Lungenerkrankungen wie chronische Bronchitis oder Raucherlunge), Lungenentzündungen und Lungenkrebs zu den am häufigsten diagnostizierten Krankheiten weltweit gehören werden. Als hauptsächliche Ursache, besonders für die "weltweit explodierenden Zahlen" im Bereich der COPD, benannte Brandes das Rauchen. Seien in früheren Jahrzehnten noch Giftstoffe aus der Arbeits- und Umwelt die Hauptauslöser gewesen, könnten diese Ursachen, dank zunehmender Vorschriften, mittlerweile immer weiter vernachlässigt werden. Rund 85 Prozent aller COPD-Fälle weltweit würden inzwischen auf den Zigarettenkonsum zurückgehen. Einen Einfluss für das individuelle Risiko hätten vermutlich auch genetische Faktoren, doch würden rund 50 Prozent aller Raucher eine COPD entwickeln. Daher riet der Mediziner seinen Zuhörer zur Tabakentwöhnung sowie zu entsprechenden Schutzimpfungen gegen Grippe und gegen die Lungenentzündung verursachenden Pneumokokken. Außerdem machte Brandes darauf aufmerksam, wie wichtig bereits die Aufklärung von Kindern und Jugendlichen als Schutzmaßnahme sei. Die Tuberkulose als Lungenkrankheit stelle dagegen in Deutschland sowie insgesamt in Mitteleuropa mittlerweile kein großes Problem mehr dar. Im Weiteren erläuterte Brandes noch verschiedene medizinische Verfahren der modernen Lungenheilkunde, darunter Methoden wie die starre und flexible Bronchoskopie (Lungenspiegelung), die Thorakoskopie (chirurgischer Zugriff zur Brusthöhle) und Möglichkeiten in der Beatmungstherapie. In der anschließenden Diskussionsrunde herrschte nicht nur am Fachbereich der Pneumologie großes Interesse, auch allgemeine Fragen zum Gesundheitssystems beantwortete der Referenten gerne ausführlich. Personalmangel und Kostendruck im Gesundheitswesen wurden beispielsweise aus den Publikumsreihen moniert. Für den Mediziner seien allerdings "Unfreundlichkeit, Inkompetenz und Arroganz" oft das größte Problem. "Und das ist einfach unentschuldbar", so Brandes. Im Endeffekt sei auch die Medizin ein "Dienstleistungsbetrieb", zu dessen Aufgabe es gehöre, sich freundlich um die Patienten zu kümmern und "das Beste" für sie herauszuholen. Seinen "mündigen" Zuhörern empfahl Brandes daher in seiner bekannt direkten Art: "Sie dürfen den Arzt auch mal anscheißen." Den heutigen Effizienzdruck der Krankenhäuser bezeichnete der Mediziner als von der Politik "gewollt" und forderte: "Wir müssen eine gesamtgesellschaftliche Diskussion darüber führen, was medizinische Technik und Behandlung kostet soll, was wir davon bezahlen wollen und welches gesundheitliche System das richtige ist." Wenn alles für jeden verfügbar und jederzeit in höchster Qualität angeboten werden solle, dann müsse das auch von allen bezahlt werden, so Brandes. Von den Zuhörer des Nachmittags erntete der Referent sowohl für seinen Fachvortrag als auch für seine Offenheit und deutlichen Worte großen Beifall. Foto: sk