1. "Das nennen wir einen Kulturkampf von rechts"

    Interessanter Vortrag: Experte durchleuchtet das Konzept der Neuen Rechten

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    BAD NENNDORF (jl). Smarte Typen, die einen ebenso smarten Kontakt mit den Bürgern suchen, sich aber auch als "falsche Propheten" outen: Das selten detailliert vor Augen geführte Konzept hinter den Neuen Rechten gehöre mehr in den Medien präsentiert, findet Andreas Speit. Der Journalist und Buchautor, der jahrelang auch über den Naziaufmarsch in der Kurstadt berichtet hat, referierte zum Thema "Bürgerliche Scharfmacher".

    Im gut besuchten Parkhotelsaal sagte er: Was etwa die Alternative für Deutschland (AfD) an den Tag lege, sei ein Spiel, eine Strategie. Den unterschätzten Inhalt akribisch zu beleuchten, sei jedoch nicht einfach und erfordere Kraft. Er nahm die Hoffnung, die Rechtspopulisten würden sich wegen ihrer internen Querelen selbst zerschlagen. Er verwies auf die Fakten, die ihnen die erfolgreichste Parteineugründung der vergangenen Jahrzehnte attestieren. Am Beispiel der Identitären Bewegung Niedersachsen machte der in Hamburg lebende Experte für den Rechtsextremismus eine "neue Qualität der Bewegung" aus. Zu deren Inszenierung gehörten "smarte Typen", die zunehmend die direkte Auseinandersetzung – zum Beispiel beim Keksverkauf – mit den Bürgern suchten. Der "leider gut gemachte" Europa-Rap von "Komplott", einem Musiker aus der Identitären Bewegung in Halle, sei ein weiteres Exempel für die neurechte Argumentation des Ethnopluralismus. Speit sprach von Pressure-Groups, die sich versuchten in Szene zu werfen. Dabei arbeiteten sie zum Teil mit sexistischen Symbolen, die aber letztlich nur zeigten "wie wenig emanzipatorisch sie in ihren eigenen Bildern sind". Der AfD gelinge aber das, was keiner für möglich gehalten hätte: eine Wählerwanderung. Sie grase erfolgreich das CDU-Milieu mit seinen konservativen Werten ab – und erreiche gleichzeitig diejenigen, die sich "sozial verraten fühlen von SPD und Linke". Sie biete ein großes "Wir Deutschen" vor der "Negativfolie der Anderen", so Speit. Zudem sei sie eng vernetzt, vom "Institut für Staatspolitik"über das Projekt "Ein Prozent für Deutschland" bis hin zum Holocaust-Leugner Ernst Zündel. Der Fachjournalist betonte: "Die AfD soll nicht immer so tun, als wäre sie nicht allzu sehr rechts – sie hat sich schon längst politisch anders entschieden." Die Partei wolle ein anderes Deutschland, sie wolle keine pluralistisch offene Gesellschaft –"und das nennen wir einen Kulturkampf von rechts". Zur Bundestagswahl im September rechnet der Experte mit einem zugespitzten Wahlkampf "in ganz anderer Form". Die Gefahr schlummere in den "Echo-räumen" sozialer Netzwerke. Auch Samtgemeindebürgermeister Mike Schmidt warnte davor, nur "kanalisierte Meldungen" zu bekommen. Dass Menschen die AfD allein aus Protest wählen, glaubt Speit nicht. Er geht von bestimmten "Settings" aus, die schon gegeben sein müssen, wie etwa die Sorge um Einwanderung. Foto: jl

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