LAUENAU/BÜCKEBURG (al). Nach 41 Prozesstagen ist das Verfahren gegen den Lauenauer Uwe K. zu Ende gegangen. Der 46-Jährige wurde zu elf Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Die drei Berufs- und zwei Laienrichter sahen es als erwiesen an, dass K. seine Ehefrau Ines am 27. Mai 2015 mit einer Dachlatte erschlagen und danach erstickt hat. Dem Vorwurf Mord aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen aber wollte die Kammer nicht folgen.
Auf den Tag genau vier Monate nach der Tat war der Handwerksmeister auf offener Straße verhaftet worden. Fünf Monate später begann der Prozess, der inzwischen als einer der längsten der Strafkammer gilt. Immer wieder versuchte die Verteidigung, mit Beweis- und Befangenheitsanträgen die Verhandlung auszusetzen oder gar zu beenden. Die meisten wurden abgelehnt. Sogar kurz vor dem Urteilsspruch unternahmen die Anwälte noch einen letzten Anlauf, mit der Forderung nach einem weiteren Gutachten die Entscheidung zu verzögern. Das Gericht lehnte erneut ab, ließ aber noch einmal Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung zu, nachdem diese schon am vergangenen Mittwoch gehalten worden waren. Anwalt Baumann argumentierte dabei erneut mit der nach seiner Ansicht Unglaubwürdigkeit der Zeugin Raffaela L., die wiederholt der Falschaussage überführt worden war. Auch sie könne die Täterin gewesen sein. Baumanns Fazit: "Wir wissen zu wenig und haben zu wenig versucht, es aufzuklären." "Ich bin nicht der Täter!" Uwe K., der vor klickenden Kameras den Gerichtssaal betreten hatte, ohne sein Gesicht zu bedecken, brach in dem ihm zuerkannten Schlusswort vor der Urteilsverkündung zum ersten Mal sein Schweigen: "Hohes Gericht, lieber Schwiegervater", sagte er leise, "ich hätte mir mit Ines weitere 30 Jahre gewünscht. Ich bin nicht der Täter". Bislang hatte K. geschwiegen und nur seine Anwälte für sich sprechen lassen. Dass der Angeklagte "keinerlei Regung zeigte, schwieg und gefasst wirkte", war für den Vorsitzenden Richter Norbert Kütemeyer ein Punkt in der langen Indizienkette, die er in der Urteilsbegründung erläuterte und an die ersten Verhandlungstage erinnerte, als Zeugin L. gegen den Betroffenen schwere Anschuldigungen erhob: "Jeder hätte doch das Wort ergriffen", wandte sich Kütemeyer an K.: "Aber Sie blieben da genau so kaltblütig wie bei Ihrer Tat." Der Richter rekonstruierte den Ablauf des Tattages bis zu jenem Zeitpunkt um 12.15 Uhr, als die Eheleute vom Büro aus sich der Werkstatt näherten. Dort hatte sich L. auf Geheiß des Angeklagten versteckt, sodass sich die bis dahin einander unbekannten Frauen in den nächsten Augenblicken hätten begegnen müssen. "Nun stirb doch endlich!" Daraufhin – so die Überzeugung des Gerichts – habe K. zu einer Dachlatte gegriffen und von hinten auf seine Frau eingeschlagen: "Hier entschied er sich spontan zu töten", betonte Kütemeyer. Nach weiteren Schlägen und dem erfolgreichen Versuch, eine Plastiktüte über den Kopf der Verletzten zu ziehen und diese mit einem Zugband zu verschließen, soll er nach Aussage von L. gerufen haben: "Nun stirb doch endlich. Nun stirb doch!" Die auf den Boden gefallene Armbanduhr der Toten war um 12.20 Uhr stehen geblieben. Neben bis heute nicht erklärten Hautabschürfungen an Händen und Unterarmen habe K. für die tragischen Minuten kein Alibi vorweisen können. Erst um 12.30 Uhr wurde er von Zeugen auf der Straße gesehen. Wenige Minuten später traf er sich mit der siebenjährigen Tochter in der Eisdiele. Danach schickte er sein Kind ins Wohnhaus und setzte es mit einer DVD vor den Fernseher. Anschließend ging K. in die Werkstatt, setzte einen Notruf ab und alarmierte Passanten. Als ein Zeuge sah, wie K. Blumenerde auf dem Werkstattboden verstreute, forderte er diesen auf, dies zu unterlassen, da es doch ein Tatort sei. Das Gericht wertete auch drei Passagen aus mitgehörten Telefongesprächen als indirektes Schuldeingeständnis: "Wegen dem Kind darf ich jetzt keinen Fehler machen"; habe unter anderem K. bereits Ende Juni zu L. gesagt. Kütemeyers weitere Feststellungen: K. habe die Polizei immer "nur als Gegner" begriffen und Spuren verwischen wollen. L. ‘s Verhalten und ihre anfänglichen Falschaussagen sehen die Richter in ihrer Begründung in einem anderen Licht: "Zitternd und höchst erregt" habe sie am dritten Verhandlungstag vor ihnen gestanden und K. der Tat beschuldigt: "Da hat sie die Wahrheit gesagt", ist Kütemeyer überzeugt, weil die Spurenlage am Tatort mit der Aussage übereinstimme. Ihr Verhalten sei glaubhaft: "Nachdem K. sie belastet hatte, konnte sie es nicht mehr aushalten, den früheren Geliebten zu decken." Das Strafmaß aus einer Spanne von fünf bis 15 Jahren begründete der Vorsitzende Richter mit dem Hinweis auf die vorsätzliche Tötung einer "arg- und wehrlosen" Frau. Erschwerend sei die Art des Vorgehens gewesen sowie der Umstand, dass "einem sieben Jahre alten Kind die Mutter genommen wurde". Andererseits sei K. bislang nicht vorbestraft. Kütemeyer rügte die Verteidigung: Die meisten Beweisanträge hätten bereits bald nach Prozessbeginn gestellt werden können. so aber sei "die Verfahrensverzögerung voll ausgereizt" worden. Hier müsse die Politik zu neuen Regelungen kommen – oder mehr Richter einsetzen. Auch während der Ausführungen des Richters blieb der Angeklagte ohne Regung. Nur dem als Nebenkläger anwesenden Vater von Ines K. rollten mehrfach die Tränen über das Gesicht. Noch im Gerichtssaal kündigte die Verteidigung an, in die Revision zu gehen. Foto: al