1. Das Neue Jahr darf ruhiger werden

    Ditmar Köritz blickt auf das Jahr 2016 in der Samtgemeinde Nienstädt zurück / Schienenausbau hochbrisantes Thema

    Dieser Eintrag wird bereitgestellt durch Schaumburger Wochenblatt | Impressum

    Schaumburger Wochenblatt: Morgen ist der letzte Tag des Jahres. Was hat es 2016 in der Samtgemeinde Nienstädt aus Ihrer Sicht an wichtigen Ereignissen und Entwicklungen gegeben? Ditmar Köritz: Das Jahr war auf jeden Fall ein sehr arbeitsintensives. Wir haben von der Landesregierung vor einigen Jahren den Auftrag bekommen, die sogenannte doppische Buchführung zu betreiben. Diese ist in der Samtgemeinde und ihren vier Mitgliedsgemeinden 2011 eingeführt worden. Das heißt, wir mussten fünf Eröffnungsbilanzen erstellen, was wahnsinnig arbeitsaufwendig war. SW: Abgesehen von der Anleitung neuer Ratsmitglieder: Wie wirkt sich das Ergebnis der Kommunalwahl auf Ihre Tätigkeit als Samtgemeindebürgermeister aus? Köritz: Von der rein politischen Mehrheit her ist es nach wie vor erst einmal einfach. Das heißt aber längst nicht, dass die Fraktionsmitglieder untereinander auch immer einer Meinung sind. Und schon gar nicht, dass sie auch die Meinung der Verwaltung teilen. So muss ich auch ein Stück weit Überzeugungsarbeit leisten und insbesondere neuen Ratskollegen entsprechendes Hintergrundwissen vermitteln. Ich glaube aber nicht, dass wir nun jeden Punkt so dramatisch und kontrovers diskutieren wie zum Beispiel die Interargem-Aufstockung. SW: Der Zukauf der Anteile soll zum 1. Januar 2017 erfolgen. Bleibt es dabei? Köritz: In der letzten Samtgemeinderatssitzung des Jahres in der vorvergangenen Woche ging es um die Finanzierung, die Aufnahme des Darlehens mit den konkreten Konditionen. Da haben auch weite Teile der CDU zugestimmt, weil wir die Konditionen so gewählt haben, dass sie möglichst "generationenfreundlich" sind, also nicht über mehrere Generationen abgetragen werden. Formalrechtlich ist damit alles erfüllt und auch die Finanzierung sichergestellt. Am Montag vergangener Woche habe ich den Kaufvertrag in Bielefeld unterschrieben. Damit ist das Thema aus meiner Sicht in trockenen Tüchern. SW: Auch das Thema "Flüchtlinge" war in diesem Jahr weiterhin präsent. Wie ist die Entwicklung in der Samtgemeinde verlaufen – mit Blick auf die Zahlen, Unterbringung und Integration? Köritz: Der Landkreis hat beschlossen, dass Städte, Samtgemeinden und Gemeinden für die Beschaffung von Wohnraum zuständig sind. Das hat uns zunächst vor ein großes Problem gestellt. Wir mussten erst einmal einen Mitarbeiter finden, der dafür eingestellt werden konnte. Die Personalkosten dafür trägt die Samtgemeinde, das ist ärgerlich, lässt sich aber nicht ändern. Sachkosten werden dafür erstattet, also zum Beispiel alles, was mit der Bewirtschaftung der Objekte zu tun hat. SW: Mit einer solchen dezentralen Unterbringung geht ein weiteres Thema einher: die Mobilität. Wie hat sich die Samtgemeinde Ihrer Ansicht nach generell in diesem Bereich entwickelt, zum Beispiel mit Blick auf den Anrufbus? Köritz: Gerade der Anrufbus wird von vielen immer noch als eine Art "Seniorentaxi" wahrgenommen. Das ist er aber nicht. Das Angebot ist für alle Personengruppen jeden Alters da. Wir fahren auch Kinder zum Hort, zur Schule oder zum Schwimmen – solange es an die Orte geht, die wir auch bedienen dürfen, also die Samtgemeinde und angrenzende Städte. SW: Wie sieht es denn mit dem Ausbau des Schienenverkehrs aus? Köritz: Gerade mit Blick auf die Bigtab-Initiative ist das ein hochbrisantes Thema. Wir haben uns hier einstimmig für einen trassennahen Ausbau ausgesprochen. Wir wissen, dass dort auch Menschen wohnen, wir wissen bei einem trassennahen Ausbau aber auch, dass wir für die gesamte Strecke einen Schallschutz einfordern können. Insofern versprechen wir uns auch eine deutliche Verbesserung der Situation für die jetzigen Anlieger. SW: Immer wieder präsent ist auch das Thema Ärztemangel im ländlichen Raum. Zuletzt hat Dr. Wang die Praxis des verstorbenen Herrn Müller übernommen. Köritz: Die Wiederbesetzung der Praxis hat nur gute vier Monate gedauert – schneller geht es kaum. Das letzte Mal, als wir einen neuen Arzt gesucht haben, hat das über drei Jahre gedauert. Wir haben jetzt vier Allgemeinmediziner in der Samtgemeinde für rund 10.000 Einwohner. Runtergerechnet ist bei uns also ein Arzt für 2.500 Bürger zuständig, laut Kassenärzticher Vereinigung sollte ein Arzt rund 1.600 Patienten haben. Rein rechnerisch haben wir also eine klare Unterversorgung, zwei weitere Allgemeinmediziner könnten wir noch gebrauchen. Die Samtgemeinde leistet da Unterstützung in jeder Hinsicht. Das Problem betrifft aber nicht nur uns, sondern den gesamten ländlichen Raum. Es gibt leider nicht so viele Mediziner, die eine Landarztpraxis übernehmen wollen. Mit Herrn Wang, einem jungen Familienvater, hat aber alles wunderbar zusammengepasst. Und gerade an seinen ersten Tagen ist er regelrecht überrannt worden von den Patienten. SW: Weg von der Patienten-, hin zur Kinderbetreuung. Wie haben sich diese Angebote entwickelt? Köritz: Gerade die Hortbetreuung ist bei uns fortlaufend ein großes Thema. Im ersten Halbjahr 2016 wurde es akut, weil wir einen unerwartetet hohen Bedarf an zusätzlichen Plätzen hatten. Das hat dazu geführt, dass wir in Seggebruch 20 Plätze, also eine komplette neue Gruppe zur Verfügung gestellt haben und in Nienstädt zehn weitere Plätze. So wurde es notwendig, dass die Grundschule Seggebruch zweizügig geführt wird und eine Klasse nach Nienstädt ausweicht, damit ein Klassenraum, der sonst eigentlich nicht zur Hortbetreuung genutzt werden darf, frei wird. Andere Möglichkeiten gab es für uns nicht. SW: Abgesehen von der Horterweiterung: Was wird sich 2017 in der Samtgemeinde noch tun? Was sind aus Ihrer Sicht dringliche Dinge, die angepackt werden sollten? Köritz: Mittlerweile gelten alle Schulen in Niedersachsen als Inklusionsschulen. Das heißt, sie müssen auch baulich angepasst und verändert werden. Wir setzen peu à peu jedes Jahr eine Maßnahme um. Dieses Jahr wurde ein Teil des Treppenhauses saniert – mehr Licht, sichererer Bodenbelag, bessere Sichtbarkeit. Wir haben aber zurzeit auch nur ein Kind, das auf Gehhilfen angewiesen ist. Darum haben wie zunächst die Maßnahmen ergriffen, die ihm helfen. SW: Wenn Sie für das Neue Jahr einen Wunsch frei hätten: Wie würde der lauten? Köritz: Für mich persönlich würde ich mir wünschen, dass es ein bisschen ruhiger zugeht als dieses Jahr. Für die Samtgemeinde dagegen würde ich mir wünschen, dass wir ein wenig mehr finanziellen Spielraum haben. Wir sind da immer sehr beschränkt – das liegt daran, dass sich die Samtgemeinde durch Umlagen aus den Gemeinden finanziert, die wir aber natürlich auch nicht gegen die Wand fahren wollen. Dennoch ist die Umlage für 2017 noch einmal um 100.000 Euro erhöht worden. Allerdings geben wir auch die Schlüsselzuweisungen vom Land eins zu eins an unsere Mitgliedsgemeinden weiter. Text/Foto: tr

    Im Grunde haben wir 40 Jahre oder noch länger – solange es die Mitgliedsgemeinden gibt – zurückgeschaut: Was sind in den Jahren eigentlich an Investitionen getätigt worden? Welche Objekte und Grundstücke gibt es? Wie viele Straßen haben wir? Was für Kanäle liegen darunter? In diesem und zum Teil im letzten Jahr haben wir unsere Arbeit so weit erfolgreich abschließen können, dass alle fünf Eröffnungsbilanzen vom Prüfungsamt für gut befunden wurden. Jetzt haben wir ein prüffähiges Muster und werden nun für die letzten Jahre seit 2011 nachziehen. Das bindet eine Menge Arbeitskraft hier im Haus, aber niemand sieht es. Eines der wichtigsten Ereignisse in diesem Jahr war meiner Meinung nach die Kommunalwahl. Der Samtgemeinderat setzt sich seit dem 1. November neu zusammen, wir haben acht neue Ratsmitglieder hinzubekommen, erstmalig ist die WIR dabei. Da müssen viele Dinge erst wieder neu erklärt werden, die Ratsarbeit ist anders geworden. Danach sind wir gemeinsam mit den Immobilienabteilungen von Volksbank und Sparkasse auf Akquise gegangen und haben uns etliche Objekte angesehen. Parallel dazu entschieden unsere entsprechenden Gremien, dass die Samtgemeinde –über die Samtgemeindewerke – sowie jede der Mitgliedsgemeinden ein Objekt erwirbt oder anmietet und dann zur Verfügung stellt. Damit haben wir das dezentrale Konzept, das der Landkreis verfolgt, weiter nach unten gebrochen. Das hat gut funktioniert. Wir haben viele Objekte besichtigt und in jeder unserer Gemeinden ausreichend bekommen. Unsere Quote haben wir erreicht: Wir mussten zum Frühjahr 160 Plätze schaffen und haben in unseren Einrichtungen 162. Seitdem hat sich die Lage aber auch schon wieder entspannt, die anerkannten Flüchtlinge zieht es eher in die größeren Städte. Bei uns in der Samtgemeinde leben derzeit noch 120. Bei unseren Informationsveranstaltungen zu dem Thema haben wir viel Zuspruch bekommen, in Seggebruch und Nienstädt haben sich Helferkreise gebildet. Ohne diese ehrenamtliche Unterstützung wäre das hier nicht so geräuschlos über die Bühne gegangen. Dieses Angebot funktioniert nur dank der ehrenamtlichen Helfer. Auch bei der Kommunalwahl haben wir 120 solcher Unterstützer gehabt. Darauf haben wir dieses Jahr verstärkt zurückgreifen müssen – und die Hilfe auch bekommen. Darum gilt mein großen Dank allen, die dazu beigetragen haben. Im September wurde unser zweiter Anrufbus in Dienst gestellt. Damit können wir nun auch Rollstuhlfahrer transportieren. Zum 1. Januar läuft unser Angebot zudem nicht mehr über die Zentrale in Niedernwöhren, sondern eigenständig. Ich hätte mir gewünscht, diese Kooperation wäre weitergegangen. Leider funktioniert es menschlich zwischen den Vereinen nicht so, wie es nötig wäre. Das ist schade, gerade mit Blick auf eine mögliche Mobilitätszentrale des Landkreises. Sowohl im letzten als auch in diesem Jahr musste die Samtgemeinde zum Anrufbusangebot nichts Finanzielles zuschießen, der Verein trägt sich selbst aus den Beförderungsentgelten. Das ist sehr positiv. Der öffentliche Personennahverkehr ist in der Fläche nunmal ausgedünnt. Da wird es in den nächsten Jahren über den Landkreis auch weitere Entwicklungen und Veränderungen geben – und die Anrufbusangebote, wie wir es hier haben, passen da sehr gut rein. Die Gemeinde Helpsen hat unabhängig davon geplant, den Parkplatz am S-Bahnhof Kirchhorsten zu erweitern. Die Situation dort entspricht nicht den verkehrlichen Anforderungen. Diese Erweiterung für 30 zusätzliche Pkw ist aber vorerst nur provisorisch erfolgt – durch das Schienenwegeausbaugesetz ist klar, dass ein trassennaher Ausbau genau auf der Seite erfolgen würde, wo die neuen Parkplätze gebaut worden wären. Das hätte daher keinen Sinn gemacht. Diese Umstrukturierung führte letztlich dazu, dass wir ein separates Leitungszimmer und einen Mitarbeiterraum schaffen mussten. Das gibt das Kultusministerium so vor. In Abstimmung mit dem Landkreis ist uns das aber gelungen. In der Öffentlichkeit wird oft gar nicht wahrgenommen, was für einen Rattenschwanz solche eigentlich kleinen Änderungen hinter sich herziehen. Zum August 2017 wird das Hortangebot voraussichtlich noch einmal ergänzt, auch am Standort in Nienstädt. Doch auch dort sind die Räume begrenzt. Zudem haben wir zusätzliche Schülerzahlen, was dazu führt, dass wir den ersten Jahrgang dreizügig gestalten. Dafür brauchen wir aber wiederum einen zusätzlichen Klassenraum. Den werden wir wahrscheinlicht in einem Funktionsraum unterbringen. Für die Hortbetreuung wollen wir dann die jetzige Bücherei zur Verfügung stellen. Die Bücherei müsste dann allerdings in einen Container ziehen. Das alles passiert vor dem Hintergrund, dass wir in zwei Jahren voraussichtlich zurückgehende Schülerzahlen haben. Darum wollen wir nicht ad hoc bauliche Dinge aus dem Boden stampfen, zumal man dabei auch immer die Ganztagsschule im Hinterkopf haben muss. Der Hort wird aber auf jeden Fall weiter existieren, dieses Angebot erfährt einen hohen Zuspruch und dort wird exzellente Arbeit geleistet. Dafür nehmen wir auch viel Geld in die Hand. Die Weichen sind gestellt. Auch im nächsten Jahr werden wir dafür Mittel bereitstellen. Das nächste Projekt werden wir aber nicht auf einen Schlag umsetzen können: einen Aufzug für das vierstöckige Gebäude. Ein solcher würde rund 150.000 Euro kosten, das wollen wir über die nächsten zwei Jahre ansparen. Am Seggebrucher Standort sollen derweil die WC-Anlagen saniert werden, da muss dringend etwas passieren. Weiterhin investieren wir auch in den Brandschutz in der Samtgemeinde. Nächstes Jahr bekommt die Wehr in Schierneichen endgültig ihr neues Fahrzeug. Wir haben bei uns keinen Feuerwehrbedarfsplan, weil der zusätzliches Geld kostet. Darum müssen wir unsere zehn Standorte aber weiterhin bedienen, mit Fahrzeugen und Gebäudeerhaltung. Zudem wird Anfang 2017 im Echtbetrieb auf Digitalfunk umgestellt. Zu guter Letzt hoffen wir, auch bald wieder eine neue, stellvertretende Schiedsperson zu finden

  2. Kommentare

    Bitte melden Sie sich an