Schaumburger Wochenblatt: Morgen ist der letzte Tag des Jahres. Was hat es 2016 in der Samtgemeinde Nienstädt aus Ihrer Sicht an wichtigen Ereignissen und Entwicklungen gegeben? Heinz Kraschewski: Erst einmal haben wir zwei Straßenbaumaßnahmen abschließen können, die für unsere Gemeinde eine große Bedeutung hatten: Zum einen die Kreisstraße Austraße/Zum Wischfeld in Rehren und auf der anderen Seite die zur Gemeinde gehörige Kirchstraße in Rolfshagen. Damit konnten wir die Infrastruktur im Auetal wieder ein Stück weit verbessern. Dazu gehört zum Beispiel auch der neue Kanal an der Kirchstraße, der urspünglich gar nicht geplant war, aber dann doch eingebaut worden ist – sonst hätte man den neuen Straßenbelag in naher Zukunft wieder aufreißen müssen. Dadurch ist aus einer eigentlich kleinen Maßnahme eine relativ große geworden. Von überragender Bedeutung ist natürlich auch, dass wir seit September einen neuen Rat haben. Und zwar mit einer Menge neuer Ratsmitglieder, die vorher kommunalpolitisch noch nicht in Erscheinung getreten sind. Das ist eine Herausforderung für beide Seiten. Es ist ja nicht so, dass man als Ratsmitglied nur die Hand heben soll, man sollte auch verstehen, was man beschließt. Das wird ein Lernprozess sein, bei dem die erfahreneren Ratsmitglieder sie unterstützen müssen. SW: Zum Beispiel ist die Haushaltslage in der Gemeinde Auetal eine schwierige. Kraschewski: Wir müssen bei uns das Wünschenswerte mit dem Machbaren zusammenführen. Das ist eine Herausforderung – gerade auch, wenn man im Wahlkampf gewisse Versprechungen gemacht hat. Wir werden das herunterbrechen müssen auf das, was von Gemeindeseite finanzierbar ist. Jeder bringt einen guten Willen mit, aber Geld bringt keiner mit. Das ein oder andere wird nicht sofort oder vielleicht auch gar nicht finanzierbar sein. Das muss jedem begreifbar gemacht werden. SW: Wird das Ziel erreicht, bis Ende 2017 keine neue Schulden aufzunehmen? Kraschewski: Es gibt natürlich Notwendigkeiten, die unabwendbar sind. Sollten wir wegen eines solchen Falls die Schuldenbremse um beispielsweise 100.000 Euro reißen, dann sehen wir der Sache gelassen entgegen. Ich glaube auch nicht, dass wir dann von der Aufsichtsbehörde Repressalien zu befürchten haben. Wir treffen hier keine Luxusentscheidungen, sondern beschränken uns auf das Notwendige. SW: Wie wird sich die neue Zusammensetzung des Rats auf Ihre Tätigkeit als Gemeindebürgermeister auswirken? Kraschewski: Die absolute Mehrheit von SPD und Grünen, die als Gruppe aufgetreten sind, ist weg. Dadurch muss man sich für jede Entscheidung eine Mehrheit suchen. Also wird es Überzeugungsprozesse geben müssen – was ich allerdings nicht als schlecht empfinde, sondern als ganz normalen, kommunalpolitischen Ablauf. So hat jedes Ratsmitglied seine Wertigkeit. SW: Präsent ist im Auetal nach wie vor das Thema Ärztemangel. Es wurde mittlerweile eine neue Hausärztin gefunden, die Praxis in der Alten Molkerei zu einer Gemeinschaftspraxis erweitert. Lindert das Ihre größten Sorgen oder sehen Sie noch einen großen Bedarf? Kraschewski: Viele, die sich wegen des Mangels in Richtung der umliegenden Orte wie Rodenberg, Eilsen oder Rinteln orientiert haben, haben sich mittlerweile wieder dieser Praxis zugewandt. Aber insgesamt könnte das Auetal durchaus noch eine weitere Praxis verkraften, wenn man bedenkt, dass es vor fünf, sechs Jahren noch drei oder sogar vier Praxen gab. Gerade für die ältere Bevölkerung sind die langen Fahrstrecken nach wie vor problematisch. SW: Damit geht das Thema Mobilität einher. Wie sehen Sie die Gemeinde in diesem Bereich nach Ablauf des Jahres 2016 aufgestellt? Kraschewski: Unser Anrufauto und das Seniorentaxi haben sich im ersten Jahr zusammen bei etwa 100 Fahrten pro Monat eingependelt. Da kann man von einem Erfolg sprechen, es wird angenommen. Auf der anderen Seite muss man aber auch sagen: Es ist die Notwendigkeit da, dass die Gemeinde und der Landkreis den Bedarf mit eigenen Mitteln zumindest teilweise decken. Wenn das Klinikum in Vehlen eröffnet, sehen wir den Landkreis in der Pflicht, da nachzulegen. Der öffentliche Personennahverkehr, ergänzt durch Anrufauto und Seniorentaxi, muss in diese Richtung ausgedehnt werden. Wie komme ich zum Arzt? Wie zum Krankenhaus? Das sind Fragen, denen man Rechnung tragen muss. Positiv hinzu kommt, dass wir im Auetal intakte Dorfgemeinschaften haben, die sich selber helfen. Es funktioniert hier zum Beispiel immer noch sehr gut, einfach seinen Nachbarn zu fragen. Und das bezieht sich nicht nur auf medizinische Notfälle. SW: Auch das Thema Flüchtlinge war in diesem Jahr weiterhin präsent. Wie ist die Entwicklung in der Gemeinde verlaufen – mit Blick auf die Zahlen, Unterbringung und Integration? Kraschewski: Hier muss man differenzieren zwischen Kommunen mit einer für diese Zwecke überragenden Infrastruktur – also Städten – und ländlichen Kommunen wie dem Auetal, wo viele der kleinen Ortschaften nicht dazu geeignet sind, um Flüchtlinge aufzunehmen. Nicht, weil diese sich nicht ehrenamtlich darum bemühen, sondern weil die Infrastruktur einfach nicht stimmt. Was hier in den größeren Ortschaften, wo Flüchtlinge untergekommen sind, gut gelaufen ist, ist das ehrenamtliche Engagement de Bürgerinnen und Bürger. Diese haben Fahrdienste angeboten, haben sich bei Sprachkursen engagiert. Das ist alles ziemlich geräuschlos über die Bühne gegangen. Durch Überstunden in der Verwaltung konnten wir gewährleisten, dass passende Wohnungen beschafft und ausgestattet wurden, die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer koordiniert wurden und Sprachkurse organisiert und durchgeführt werden konnten. Das ist insbesondere der Jugendpflegerin Anne-Marie Petersen und der Ordnungsamtsleitung zu verdanken. SW: Im Kommunalwahlkampf spielte das Thema der Gewerbeansiedlung eine große Rolle. In Rehren läuft derzeit noch der große Neubau des Unternehmens Scanblue Engineering. Erhoffen Sie sich davon eine Art Sogwirkung auf weitere Betriebe? Kraschewski: Der Betreiber dieser Firma sagt, er könne ein Magnet sein. Das müssen wir abwarten. Aber die Resonanz auf die Frage, ob wir ein neues Gewerbegebiet brauchen, ist bei den Grundstückseigentümern eher gering. Bei denen ist die Sichtweise nicht angekommen, dass sich Rehren und das Auetal nur entwickeln können, wenn zusätzliches Gewerbe hier ankommt. Meiner Meinung nach, und das ist auch die Meinung des Rates, ist das aber alternativlos. Wir brauchen zusätzliche Arbeitsplätze und sollten das Auetal nicht nur zum Schlafplatz degradieren. SW: In dem Zusammenhang fällt immer auch das Stichwort Breitbandausbau. Kraschewski: Wir haben uns dem kreisweiten Ausbauprojekt des Landkreises angeschlossen, auch in finanzieller Sicht beteiligen wir uns daran. Aufgrund dessen haben wir da nicht viele Einflussmöglichkeiten, Organisation und Durchführung liegen beim Landkreis. Es gab Diskrepanzen aufgrund der Förderkriterien, darum musste das ganze neu ausgeschrieben werden. Mitte Januar lässt sich zum zeitlichen Ablauf des Ausbaus mehr sagen, 2017 wird das ein wichtiges Thema. Die Bürgeranfragen nehmen in dieser Hinsicht deutlich zu. Es ist aber ein Unterschied, ob zum Beispiel die Telekom den Ausbau selbst in die Hand nimmt, weil es für sie wirtschaftlich attraktiv ist – oder ob die kommunale Seite dies einfordert und bezahlt. Da geht es wieder um Strukturen. Und das Auetal als sehr ländlich geprägtes Gebiet ist für die Telekom nicht gerade am attraktivsten. Wenn sich in den Nachbargemeinden die Telekom mit dem Bürgermeister hinstellt und auf einen Knopf drückt, dann war das keine besondere Anstrengung von kommunaler Seite. Das hat der Netzbetreiber freiwillig gemacht, weil er sich dadurch Einnahmen erhofft. Dieses Engagement ist bei uns bisher leider ausgeblieben. SW: Neben dem Breitbandausbau: Was kommt im Jahr 2017 noch wichtiges auf die Gemeinde Auetal zu? Kraschewski: Wir haben vor allem noch die Grünpflege auf dem Zettel. Das Problem ist schwer in den Griff zu bekommen, auch mit dem bestehenden Bauhof-Personal. Wir haben die Anschaffung eines neuen Wildkrautpflegegerätes geplant, damit die Mitarbeiter effektiver arbeiten können – im Moment ist das alles Handarbeit und nicht mehr so adäquat hinzubekommen, dass die Bevölkerung zufrieden sein kann mit dem Erscheinungsbild der Grünflächen in der Gemeinde. Auch kommen weitere Straßenbaumaßnahmen auf uns zu: Die Verbindung zwischen Borstel und Rolfshagen soll vom Landkreis in Angriff genommen werden. Ebenso die Ortsdurchfahrt in Kleinholtensen, zu der die Gemeinde wegen Kanalarbeiten einiges zuschießen muss, obwohl es eine Kreisstraße ist. Zudem wird Bullerborn in Rannenberg instand gesetzt, durch bestimmte geologische Gegebenheiten ein ewiges Thema – die Straße wird immer wieder hochgedrückt. Zudem sind wir in Gesprächen mit den heimischen Geldinstituten für die Erschließung eines neuen Baugebiets in Rehren. Der Bedarf ist da, und im ersten Aufschlag wollen wir 12 bis 14 Bauplätze an der Teichbreite beziehungsweise der Dr.-Oetker-Straße schaffen – mit Option auf eine Erweiterung. Auch wird im kommenden Jahr die Sanierung des Freibads in Rolfshagen mit Leader-Fördermitteln umgesetzt. Text/Foto: tr
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Das Auetal ist mehr als nur ein Schlafplatz
Bürgermeister Heinz Kraschewski blickt zurück auf das Jahr 2016 in der Gemeinde Auetal / Haushaltslage ist schwierig
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