BAD NENNDORF (jl). Neues Feuer hat die seit drei Jahren schwelende Debatte um das Kurhaus im Stadtrat entfacht. Am Mittwochabend brannte sie mit dem Ergebnis nieder: zurück zum Anfang. Das Gesamtkonzept der Sanierung soll erneut unter die Lupe genommen werden. Die Verwaltung ist beauftragt, weitere Alternativen einer Sanierung zu prüfen und zeitnah eine öffentliche Entwurfsvorstellung mit dem Planungsbüro pm anzuberaumen. Gepackt von der Streitlust (WGN und Grüne waren für die fortlaufende Sanierung), artete die Sitzung mitunter in Vorwürfe und Abstimmungsdramen aus. Ausrufe wie "Kindergarten" und "lächerlich" wurden laut.
Nach dem jetzigen Status quo beläuft sich die kalkulierte Bruttogesamtsumme auf 7,3 Millionen Euro. Darin enthalten sind Kosten für den Brandschutz und die Gestaltung des Außenbereichs. Erich Thies (CDU) plädierte dafür, nicht nur auf den Bürgerwillen laut Entscheid, sondern auch auf die Wirtschaftlichkeit zu achten. Er fragte nach gegenwärtigen Vertragsverhandlungen und erwarteten Einnahmen. Laut Stadtdirektor Mike Schmidt wollen die drei medizinischen Bestandspraxen langfristig bleiben. Interesse hätten zudem ein Gastronomenpaar aus Lauenau (das SW berichtete), eine Anwaltskanzlei aus Hannover und zwei Tanzschulen. Mit der Labor-Union liefen die Gespräche noch. Die Einnahmen bezifferte er auf 233.000 Euro pro Jahr. Selbst bei Vollvermietung ginge die Stadt jährlich mit 4.000 Euro ins Minus. Dass in der gestiegenen Millioneninvestition der Austausch der 55 Jahre alten Heizungsrohre noch nicht berücksichtigt ist, bemängelte die CDU. "Der Wunsch nach Wirtschaftlichkeit ist nicht mehr erfüllbar", sagte Sprecherin Cornelia Jäger. Sie ging von einem 50.000-Euro-Verlust jährlich aus. In einer Tischvorlage beantragte die Partei unter anderem, dass die Verwaltung eruiert, inwiefern ein Neubau, in den auch das Rathaus einziehen könnte, mit einem Investor förderrechtlich möglich wäre und welche Konsequenzen sich aus einer Nichtumsetzung des Bürgerentscheids ergäben. Für nach wie vor tragbar hält die WGN das vorliegende Konzept. Zumal die Erhaltung von Baukultur eine öffentliche Aufgabe sei. Bernd Zimmermann sprach von "Justierungsspielraum" im Zahlenwerk, wonach das Defizit durchaus als "schwarze Null" zu werten sei. Ablehnende Worte fand hingegen Kämmerer Frank Behrens. Als Betriebswirt stufte er das Risiko zu hoch ein. Michael Kosian (WGN) führte die Kostenerhöhung auf die im neuen Papier bedachte Außenanlage zurück – die darf seiner Meinung nach aber nicht der Sanierung des Kurhauses zugeschrieben werden. Das sah Schmidt anders. Er verwies auf die erforderlichen Parkplätze für die Arztpraxen und Geschäfte. Mit Blick auf die alten Leitungssysteme wetterte Kosian in Richtung CDU: "Wenn man an die Sache so rangeht, dann müssten alle Gebäude in Alt-Nenndorf abgerissen werden." Heike Beiersdorfer (WGN) beklagte den zu niedrigen Mietzins. Die SPD, sagte Ralph Tegtmeier, sei nie für einen Abriss, sondern fürs Aufzeigen von Alternativen gewesen. Dass die WGN die aktuellen Zahlen der Planer infrage stellt, bedauerte er. Mit neun Stimmen der CDU/FDP-Gruppe – die SPD enthielt sich – wurde die weitergehende Planung gestoppt. Bis spätestens April soll Schmidt zufolge die Entscheidung fallen. Für das Vorgehen hatten einige der anwesenden Zuhörer kein Verständnis. "Eine Menge Leute fühlt sich verschaukelt", sagte etwa Apotheker Jürgen Uebel. Dass der Rat die Versäumnisse der letzten Jahre in vier Monaten nachholt, hielt er für unrealistisch. Foto: jl archiv