RINTELN (km). Im vergangenen Mai hatten der Kirchenkreis Grafschaft Schaumburg und die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannover einen Fall von sexuellem Missbrauchs im Jahr 1965 durch den damaligen Rintelner Superintendenten Kurt Eckels offenbart (das Schaumburger Wochenblatt berichtete). Per Rundschreiben waren im Mai alle Konfirmandinnen und Konfirmanden der Jahrgänge 1965 bis 1976 gebeten worden, sich zu melden, falls ihnen seinerzeit Ähnliches widerfahren worden sei. "Nach einem halben Jahr ist festzustellen," resümierte Superintendent Andreas Kühne-Glaser jetzt erleichtert, "dass es bisher keine diesbezüglichen Rückmeldungen gegeben hat." In der Öffentlichkeit seien unterdessen teilweise Zweifel an der Schuld von Kurt Eckels laut geworden. Dabei waren die homophilen Neigungen des Geistlichen evident und aktenkundig. "Kirchenkreis und Landeskirche sind weiterhin überzeugt," bekräftigte Kühne Glaser bei einer Pressekonferenz, dass der Missbrauch im Jahr 1965 so stattgefunden hat, wie ihn der betroffene damalige Konfirmand geschildert hat". Mit von der Partie bei dem Meeting am Mittwoch in der Superintendentur waren auch Dr. Rainer Mainusch, der Leiter der Rechtsabteilung der Landeskirche sowie deren Pressesprecher, Dr. Johannes Neukirch. In einer gemeinsamen Erklärung, in die auch die Eckels-Nachfahren und der seinerzeit betroffene Konfirmant einbezogen wurden, heißt es jetzt, der Landeskirche lägen aktenkundige Unterlagen vor, aus denen hervorgehe, dass Kurt Eckels wegen mehrfacher sexueller Übergriffe gegenüber schutzbefohlenen, nach damaligem Recht noch minderjährigen Soldaten während des Zweiten Weltkriegs, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sei.
Das damalige Urteil eines Militärgerichts habe "fortgesetzte Unzucht zwischen Männern in erschwerten Fällen" konstatiert. Das Urteil war allerdings 1948 vom Landgericht Verden aufgehoben worden, nachdem ein ärztliches Gutachten Kurt Eckels Schuldunfähigkeit zur Zeit der Taten attestiert hatte. Nach dem Freispruch wurde der Theologe wieder in den kirchlichen Dienst übernommen und ohne Einschränkungen als Pastor eingesetzt, bevor er im Jahr 1964 Superintendent in Rinteln wurde. Die Landeskirche erkenne an, heißt es in der gemeinsamen Erklärung, "dass sie durch diese Entscheidungen eine Mitverantwortung für die Übergriffe durch Superintendent Eckels trägt". Gleichwohl bekräftigten die Kirchenvertreter unisono, dass es heute in vergleichbaren Fällen von mangelhaften moralischer Integrität "null Toleranz gegenüber den Taten" geben und "Transparenz bei der Aufarbeitung die Leitlinien des Handelns" seien. Nach der Veröffentlichung des Missbrauchs hatten sich Mitglieder der Familie Eckels bei Superintendent Kühne-Glaser, beim Landeskirchenamt und bei dem seinerzeit Betroffenen gemeldet. Ungeachtet immer noch möglicher zukünftiger Meldungen von weiteren Opfern stellen die Beteiligten gemeinsam fest, "dass es ihnen in vertrauensvoller Zusammenarbeit gelungen ist, einen Fall sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Milieu soweit aufzuklären, dass seine Behandlung als Muster angesehen werden kann, wenn andere, auch weit zurückliegende Fälle sichtbar werden sollten." Bekannt geworden war der Fall bei der Feier der Goldenen Konfirmation im September vergangenen Jahres, als sich einer der Ehemaligen der Kirchenführung offenbart hatte. Der Betroffene, Jürgen Kothy, hat unterdessen beschlossen, aus der Anonymität zu treten. Neben der gemeinsamen Erklärung aller Involvierten hat der gebürtige Rintelner auch eine persönliche Erklärung formuliert. Darin heißt es, er habe sich schon Jahrzehnte den Vorwurf gemacht, damals nicht den Mut zur öffentlichen Anklage gegen Kurt Eckels gehabt zu haben - auch um Anderen Vergleichbares zu ersparen. Er habe jetzt beschlossen, sich namentlich kenntlich zu machen, "weil die mehr denn je zu erwartende und berechtigte öffentliche Verurteilung von Kurt Eckels nicht aus der Anonymität heraus verantwortet werden soll."