1. Wichtige Zeitzeugen und Heiligtümer

    Abendführung durch die Trachtenausstellung / "Wahre Zeitzeugen für das Trachtenwesen"

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    BÜCKEBURG (sk). Zu einer Abendführung der besonderen Art durch die Ausstellung "Schöner Schein. Puppen als Andenken an die Schaumburger Tracht" hat das Museum für Stadtgeschichte und Schaumburg-Lippische Landesgeschichte eingeladen. Bei einem Gläschen Wein wandelten die Besucher durch die kleine Sonderausstellung und erfuhren allerlei Wissenswertes über die Geschichte und Funktion der verschiedenen Trachtenpuppen. Einst seien die Miniaturformen in Festtagstracht in den bürgerlichen Wohnzimmern in Vitrinen und Schaukästen aufbewahrt worden. "Das waren richtige kleine Heiligtümer." Zum Spielen waren diese Puppen nicht gedacht. Diese enttäuschende Erfahrung musste Dormann selbst in frühen Kindertagen machen, da auch die streng gehütete Puppe der Großmutter für ihn Tabu war. Was aber seine Leidenschaft für die kleinen Trachtenfrauen- und männer anscheinend nur bestärkt hat. Als Trachtenexperte unterstützte Henning Dormann vor Jahren die Inventarisierung der Sammlung und begleitet nun das Projekt "Trachtenpuppenausstellung".

    Etwa um 1900 erweckte die Schaumburger Bauerntracht das Interesse der bürgerlichen Gesellschaft. Erste Sammler und Forscher bereisten die ländlichen Höfe auf der Suche nach den reich verzierten Schürzen, Tüchern und Mützen. In einigen Regionen begannen die Trachten aber bereits zu verschwinden und Volkskundler beklagten den Verlust der traditionellen Kleidung. So fingen die gleichen Näherinnen und Stickerinnen, die auch die normale Bauernkleidung ausstatteten, an und fertigten die Miniaturtrachten. Diese seien aber nur in den bürgerlichen Haushalten zu finden gewesen, informierte Dormann die Besucher. "In den Bauernhäusern gab es so etwas nicht. Da saß so etwas im Original mit am Tisch." Mit viel Witz und Sachverstand berichtete Dormann über die verschiedenen Exponate, ihre "große Zeit" und welchen weiteren Weg die traditionellen Stoffe und Tücher in den Häusern beschritten. Nicht mehr auszubessernden Stücken wurde vielfältig weitergenutzt und in Kissenbezüge und Kaffeewärmer umgestaltet oder zum Verzieren von Tellern, Likörtabletten und Postkarten genutzt. "Das hatte alles keinen Zweck und war nur zum Anschauen gedacht", erläuterte Dormann. Dabei seien auch viele Trachten unwiderbringlich zerstört worden. "Aber in gewisser Hinsicht war auch das eine Weiterentwicklung der Tracht", befand der Experte optimistisch. Problematisch sei heute, dass nur noch wenige sich der Puppen als Familienerbstücke annehmen. Oft landeten sie lieblos auf dem Flohmarkt oder würden auf den Dachboden verbannt. Auch aus volkskundlicher Sicht hätten die Trachtenpuppen heute keinen wissenschaftlichen Wert. "Dabei sind sie wahre Zeitzeugen für das Trachtenwesen", gab Dormann zu bedenken. Eine gute Möglichkeit sei daher die Abgabe an Museen, so könnten sie erhalten und hin und wieder gezeigt werden.Foto: sk

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