1. Regiedebüt eines Schülers

    Ruben Michael begeistert mit Mozart-Singspiel

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    Detmold (nr). Eigentlich hatte es ein entspanntes Warten der Zuschauer im Café auf Mozarts Singspiel "Bastien und Bastienne" werden sollen, doch mitten zwischen leichter Muse am Klavier, klirrendem Porzellan und der üblichen, geschäftigen Gesprächskulisse bricht ein Streit zwischen einem jungen Paar aus. Der Kellner, der eben noch die Getränke an die Tische gebracht hatte, schreit eine junge Frau an. Sie schreit zurück. Ein Wort gibt das andere und sie verschwindet. Der Raum ist irritiert, Gespräche verstummt, fragende Blicke an den Tischen. Dann erklingt Musik.

    Erst da wird für die nicht Eingeweihten klar: das gehörte dazu; das Stück hat bereits mit dem Streit begonnen; der junge Kellner ist ein moderner Bastien, die junge Frau Bastienne - und das Café Gothland der perfekte Ort ihrer Begegnung. Der erst 15 Jahre junge Ruben Michael hat als Regisseur die Geschichte um Liebe und Eifersucht einfach mal in die Gegenwart transferiert (Lippe aktuell berichtete). Statt altbackenem Schäferstück hat er mit seinem Ensemble, das aus Studenten der Hochschule für Musik besteht, kurzerhand eine moderne, quirlige Version mit frechen Sprüchen erarbeitet und lässt sein Ensemble den kompletten Raum bespielen. Und in dem ist Angelka Gajtanovska "Bastienne" und überzeugt mit einem bezaubernden Sopran, Simon Herten singt und spielt den Bastien mit seiner schönen, lyrischen Tenorstimme und Bartolomeo Stasch mimt den Wahrsager Colas und erzeugt Gänsehaut mit einer wunderbaren Bassstimme. Die Geschichte ist einfach: Bastienne ist eifersüchtig, weil sie ihren Liebsten mit einer Anderen gesehen hat. Der Wahrsager Colas rät ihr, ihn das nicht merken zu lassen, bringt aber Bastien wiederum dazu, zu glauben, dass Bastienne ihn verlassen hat. Bastienne hat sich von Colas zur Gleichgültigkeit überreden lassen und mutiert zum wodkatrinkenden Vamp, was Bastien dazu treibt, damit zu drohen, sich umzubringen. Das wiederum erweicht das Herz von Bastienne. Happy End – sofern das Handy am Ende nicht eine kleine, pikante Nachricht freigeben würde. Soweit der leichte Part. Schwieriger wird es für die Zuschauer, weil es ohne Bühne keine feste, gezogene Linie als Grenze gibt und man zwischenzeitlich tatsächlich auf Tuchfühlung mit dem Ensemble gehen muss. Statt entfernter Beobachter zu sein, gerät man ein Stück weit zwischen die Fronten ohne tatsächlich involviert zu sein. Da setzt sich Bastien zu einer jungen Zuschauerin und flirtet vor Bastiennes Augen mit ihr, was Bastienne veranlasst, den Spieß umzudrehen und sich im Publikum einen anderen Mann zu suchen. Gewollt komische und ungewöhnlich intensive Momente. Zusammen mit der Erfahrung, drei wirklich wunderbare Stimmen so unmittelbar erfahren zu können, ist Ruben Michael ein wirklich einmalig schönes Regiedebüt gelungen. Min Gyu Song als musikalischer Leiter hat mit seinem Part am Klavier ein komplettes Orchester ersetzt und die Stimmen begleitet. Dank der Unterstützung bei der Inszenierung von Uli Mangel in der Dramaturgie und der Zusammenarbeit von Ensemble und musikalischer Leitung, ist der Name Ruben Michael bestimmt keine unbekannte Größe mehr. Die Zuschauer im Café Gothland waren zu Recht begeistert und Ruben Michael ist ganz sicher seinem Traum ein ganzes Stück näher gekommen: irgendwann als Regisseur die Brötchen zu verdienen.

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