WINZLAR (gr). Vor fünf Jahren startete die Ökologische Schutzstation Steinhuder Meer (ÖSSM) mit Unterstützung des Landes Niedersachsen und der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung das landesweit erste Projekt zum Schutz des heute stark gefährdeten Fischs Karausche. Und der Erfolg kann sich sehen lassen. "In acht für den Schutz der seltenen Fische angelegten Gewässern leben heute wieder mehrere tausend Tiere", berichtet Thomas Brandt, wissenschaftlicher Leiter der ÖSSM.
Noch vor 40 Jahren war die Karausche, die jedem Angler ein Begriff ist, weit verbreitet und häufig. Doch dann erlitt die Fischart einen Rückgang, den in diesem Umfang wohl kein Experte für möglich gehalten hatte. Lebensraumverlust und vor allem die Konkurrenz sowie die Kreuzung mit nicht heimischen Giebeln und immer wieder illegal freigelassenen Goldfischen setzten der eigentlich unempfindlichen Art so sehr zu, dass sie neuerdings in der Roten Liste der gefährdeten Fische in die zweithöchste Gefährdungskategorie eingestuft werden musste.Am Steinhuder Meer sah die Situation für die Fischart im Jahr 2010 schlecht aus. Dies ergaben Nachfragen bei Fischern und Anglern sowie zusammen mit den zuständigen Behörden durchgeführte Recherchen. Im See selbst konnten innerhalb von zehn Jahren trotz gezielter Nachsuche nur zwei einzelne Karauschen gefangen werden und alle Hinweise zu möglichen Vorkommen in Teichen, Bächen und Gräben zerschlugen sich. "Wir haben dutzende Gewässer befischt und überall dort, wo wir einen Verdacht auf Karauschenvorkommen hatten, konnten wir nur Giebel oder schwer unterscheidbare Hybride nachweisen. Somit war der Fang von Zuchttieren unmöglich und wir mussten unseren alternativen Plan nutzen", so Brandt. Und der sah vor, Karauschen zu beschaffen, die genetisch in das Umfeld des Steinhuder Meeres passen. Diese wurden schließlich in einer um den Erhalt der Art bemühten Teichwirtschaft bei Celle gefunden. 2011 traten die ersten 1000 Karauschen die Reise an das Steinhuder Meer an und wurden zur Vermehrung in vorbereitete Gewässer abseits des Sees eingesetzt – selbstverständlich nach einem Gentest, der in der englischen Universität von Hull durchgeführt wurde. Hier beschäftigen sich Wissenschaftler mit der Erforschung der genetischen Verwandtschaft von karpfenartigen Fischen. Bereits 2012 konnte die ÖSSM zusammen mit Projektpartner und Fischexperte Dr. Oliver Finch aus Rastede den ersten Fortpflanzungserfolg nachweisen. Seitdem gelang der Nachweis von jungen Karauschen jährlich. "Mittlerweile dürften viele tausend artreine Karauschen in den Schutzgewässern leben und eine überregional wichtige Genressource darstellen", so Finch. Die Karauschen sind mittlerweile auch voll in die Nahrungskette integriert, denn Mitarbeiter der ÖSSM haben schon beobachtet, wie Fischadler Karauschen fangen und an ihre Jungen verfüttern. Thomas Brandt: "Das ist kein Problem für die stetig nachwachsende Population. Im Gegenteil, denn wenn es seltenen Vogelarten hier gelingt ihren Nachwuchs mit seltenen Fischen zu füttern, ist das ein Zeichen für eine gute Entwicklung. Und auch für uns ist das ein positives Signal, denn dann haben wir vieles richtig gemacht!" Foto: privat