1. Auf den Spuren des "schönen Provisors"

    Geschichtskreis lädt zum historischen Spaziergang durch Rodenberg ein / Markante Punkte besucht

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    RODENBERG (al). Der kleine Rodenberger Geschichtsarbeitskreis hat rund 20 Teilnehmern einen tiefen Einblick in die Stadtgeschichte gewährt. Über zwei Stunden spazierte die Gruppe durch die Straßen. Unterwegs gab es viele Informationen zu markanten Punkten. Mitunter wurde auch direkt aus der Chronik von Adolf Mithoff und den Kindheitserinnerungen von Julius Rodenberg zitiert. Historische Fotos machten wiederholt die Runde. Kurzum: Es war ein ausgesprochen lehrreicher Nachmittag.

    Wie ein roter Faden aber begleitete eine Kriminalgeschichte die fußläufigen Ausflügler. Der "schöne Provisor", der Mitte des 19. Jahrhunderts sich in besten städtischen Kreisen tummelte und den Frauen wohl auch den Kopf verdrehte, hatte auch eine dunkle Seite. Denn der junge Verwalter der örtlichen Apotheke namens Heinrich Hattendorf legte einen Brand, verübte einen Raubmord und wurde sogar der Falschmünzerei bezichtigt. Über sein hiesiges Ende, ob durch Henker, natürlichen Tod oder gar durch Flucht nach Amerika wird bis heute spekuliert. Keiner der beiden Chronisten wusste Näheres. Natürlich auch nicht die heutigen Arbeitskreismitglieder Rudolf Zerries, Fritz Hecht, Hubert Finger, Marlies Berndt-Büschen, Hartmut Sassmann und Helmut Stille. Immer wieder stoppten sie die Gruppe, um an historischen Schauplätzen etwas zu erzählen. Das begann schon mit der früheren Schleifmühle an der Allee sowie dem in der Landschaft noch erkennbaren Verlauf der früheren Bahnlinie. Erinnert wurde an die "Kegelbahn unter freiem Himmel" am "Grünen Baum" und den Galgen, der in der "Masch" gestanden haben soll. Doch Letzteres wussten auch Mithoff und Rodenberg, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihr Wissen aufschrieben hatten, nur noch vom Hörensagen. Weitaus konkreter wurde es da schon über den "Hahnenhof" in Grove, über Pfarrhaus und Kirche sowie die 1906 errichtete Schule, wo sich zuvor der Gartgarten befand. An die zur Domäne gehörende Fläche erinnert heute noch die später abgewandelte Wegebezeichnung "Im Jagdgarten". Der Blick in die Mühlenstraße sollte daran erinnern, dass hier sowie "Vor dem Tor" sich nach dem 30-Jährigen Krieg ehemalige Soldaten ansiedelten. In Höhe der Sparkasse reckten die Teilnehmer die Hälse. Sie ließen sich das Relief erläutern, das hoch über den Köpfen das alte städtische Rathaus samt Tor zeigt. Auch dieses fiel in Schutt und Asche, als 1859 in der Echternstraße ein großes Feuer ausbrach, das weite Teile der Stadt zerstörte. Nachdenklich stand die Gruppe vor dem alten Brauhaus, in dem das Unheil seinen Lauf nahm. Wie würde Rodenberg wohl aussehen, wenn es diese Katastrophe nicht gegeben hätte? Vorbei am Geburtshaus des kleinen Julius Levy, der später den Namen seiner Heimatstadt annehmen sollte, und dem Wohngebäude seiner Großeltern, in der sich heute die Eisdiele befindet, wurde ein letzter Blick auf das "Stockholm" geworfen. Auch diesem Wirtshaus hat Rodenberg in seinem Buch einen Platz gegeben. Der Ausklang bei Kaffee und Kuchen bot noch eine Menge Gesprächsstoff. Initiator Zerries riet dazu, die zitierten Bücher zur Hand zu nehmen und selbst auf Entdeckungsreise zu gehen. Gerade die neu aufgelegten Kindheitserinnerungen des 1914 in Berlin verstorbenen Dichters und Journalisten erleichtern dank moderndem Schriftbild und vielen ergänzenden Hinweisen des Geschichtsarbeitskreises das Lesen.
Foto: al

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