LAUENAU (al). Drei Jahre nach dem Kauf durch den Flecken Lauenau und gut zwei Jahre nach Baubeginn erstrahlt ein altes Haus in neuem Glanz. Das Gebäude "Marktstraße 1" am Schnittpunkt von Marktstraße, Coppenbrügger Landstraße und Am Rundteil ist seit jeher ein besonders markanter Hingucker gewesen. Nun ergänzt es wieder die leider nicht mehr so zahlreichen Fachwerkfassaden in der Ortsmitte. Die optische Funktion und exponierte Lage des mindestens aus dem 17. Jahrhundert stammenden Gebäudes hatte die Gemeinde damals zur Übernahme bewogen. Bis dahin gehörte es Nachbar Fritz Hoppe, der sich wegen des hohen Unterhaltungsaufwands von der Immobilie trennen wollte. Zugleich öffnete es ihm den Weg, das eigene Geschäftshaus grundlegend zu sanieren und damit der Marktstraße ein weiteres Glanzlicht mit Balken und Gefachen aufzusetzen.
Der Flecken Lauenau dagegen hatte sich mit dem Kauf einige Sorgen eingehandelt. Denn nach einer ersten Begutachtung erschien das Gebäude so marode, dass es eigentlich hätte abgerissen und neu aufgebaut werden müssen. Doch die beim Landkreis Schaumburg für den Denkmalschutz zuständigen Experten verlangten eine Sanierung der historisch gewachsenen Gegebenheiten. Die Folge: Die Bauzeit verzögerte sich erheblich – und die Kosten nahmen eine immense Höhe an. Bislang wurden über eine Million Euro aufgewendet. Etwa zwei Drittel davon stammen aus Mitteln der Städtebauförderung. Weitere erhebliche Investitionen besorgte der künftige Nutzer mit der aufwendigen Ladeneinrichtung. Der Verlauf der Sanierung erwies sich als recht spektakulär. Zunächst war wegen Einsturzgefahr das Dach abgetragen worden und gab dem Gebäuderest ein merkwürdiges Aussehen. Dann hingen Fachwerkkonstruktionen (allerdings sorgfältig abgestützt) buchstäblich in der Luft, weil deren völlig verfaulte untere Enden erneuert werden mussten. Doch das war kein neues Holz: Mit über 200 Jahre alten Eichenbalken aus einer abgerissenen Scheune in Lyhren ersetzte Apelerner Zimmermannskunst die maroden Ständer und Pfetten. Hausexperten sehen die Entstehung des ursprünglichen Gebäudes in der Zeit nach dem großen Brand von 1682. Aus überlieferten Unterlagen des Heimatforschers Karl Parisius soll es zunächst als Vollmeierhof landwirtschaftlich genutzt worden sein. Rätsel gibt jedoch ein Gewölbe im hinteren Gebäudebereich auf, das auf einen noch älteren Vorgänger schließen lassen könnte. Nach 1890 diente das Haus zunächst der örtlichen Molkerei, bis 1893 eine Schuhmacherwerkstatt mit 1921 ergänztem Ladengeschäft einzog. Weil drei Generationen hier der Lederverarbeitung nachgingen, heißt das Gebäude im Volksmund immer noch Schusterhaus. Mit Ludwig Wilhelm Meyer als letztemSchuhmachermeister endete 1997 aus Altersgründen die handwerkliche Tradition. Schuhe wurden indes weiter verkauft: Gudrun Rettky führte ihr Geschäft bis 2009, bevor eine Zeit lang eine Fahrschule hier ihren theoretischen Unterricht vermittelte. Nun ist ein neues Nutzungskapitel aufgeschlagen worden: Die Rintelner Schlachterei Rauch hat eine Filiale samt Tagesrestaurant eröffnet. Foto/Repro: al