1. Mitglieder in vorauseilendem 
Gehorsam ausgeschlossen

    Vortrag zur Ausstellung "Kicker, Kämpfer, Legenden"

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    STADTHAGEN/LANDKREIS (bb). Mit seinem Vortrag "Die `Blütezeit´ des jüdischen Fußballs im Schatten von Diskriminierung und Verfolgung in der NS-Zeit" hat Professor Lorenz Peiffer, Sporthistoriker der Universität Hannover, die Ausstellung "Kicker, Kämpfer, Legenden. Juden im deutschen Fußball" in der IGS Schaumburg eröffnet. Die vom Förderverein ehemalige Synagoge nach Stadthagen geholte Ausstellung kann noch bis zum 30. September im Forum der IGS besichtigt werden.

    Peiffer hielt in seinem Vortrag fest, dass sowohl die Kapitel des Arbeitersportes als auch die Rolle von jüdischen Bürgern im deutschen Fußball von den Vereinen als auch von Verbänden wie dem DFB bis in die 90er Jahre hinein praktisch totgeschwiegen worden seien. Erst insbesondere im Vorgriff auf die Weltmeisterschaft von 2006 in Deutschland seien diese Themen verstärkt historisch aufgearbeitet worden. Tatsächlich engagierten sich jüdische Sportler sowohl in den zuerst entstehenden Turnvereinen als auch in den später folgenden Fußball- und Athletikvereinen sehr intensiv, wie Peiffer ausführte. Die große Mehrheit der jüdischen Sportler in Deutschland war auch in der Endphase der Weimarer Republik in den "normalen" Vereinen organisiert gewesen und habe dort ihren Leitungssport betrieben. Jüdische Sportvereine, nicht zuletzt in Reaktion auf die vielfachen antisemitischen Anfeindungen gegründet, hatten im Vergleich dazu in dieser Phase geringe Mitgliederzahlen. Nach der Machtübernahme der Nazis 1933 wurden die jüdischen Sportler sehr schnell aus den "normalen" Vereinen und Verbänden verdrängt. Vielfach in vorauseilenden Gehorsam schafften die Vereine ihre demokratischen Strukturen ab, gaben ihre parteipolitische Neutralität auf und verboten jüdischen Bürgern und anderen von der NS-Bewegung verfolgten Gruppen die Mitgliedschaft. Dies geschah in sehr vielen, bekannten sowie kleineren Vereinen aus Eigeninitiative, bevor die NS-Bewegung tatsächlich ihren Zugriff auf den Sportbereich organisatorisch vollzogen hatte. Betroffen war beispielsweise auch Julius Hirsch, Ex-Spieler des deutschen Nationalteams und Deutscher Meister mit dem Karlsruher FV. Hirsch kam dem Ausschluss durch "seinen" Karlsruher FV durch den freiwilligen Austritt zuvor. In Reaktion auf diese Entwicklung gründeten sich viele jüdische Fußball- und Sportvereine, in denen die jüdischen Bürger ihren Sport vorerst weiterbetreiben konnten. Mit Rücksicht auf den internationalen Druck im Vorfeld der Olympischen Spiele 1936 duldete das NS-Regime einen gewissen Wettbewerbsbetrieb der jüdischen Vereine. Dieser Sportbetrieb entwickelte für die jüdischen Gemeinden eine sehr große Bedeutung, gab in der Situation der Diskriminierung einen gewissen Halt. 1938 wurden dann alle Sportaktivitäten für die jüdischen Bürger verboten. Oft waren es Fans aus dem Ultra-Bereich, die sich in den vergangenen Jahren eng mit der Geschichte ihrer Vereine auseinandersetzten und dabei auch das Schicksal ausgeschlossener jüdischer Spieler wieder ins Gedächtnis riefen, wie Lorenz Peiffer festhielt. Der "Förderverein ehemalige Synagoge Stadthagen" präsentiert die Ausstellung in seinem Herbstprogramm in Zusammenarbeit mit der Landeskirche Schaumburg Lippe und der IGS Schaumburg, gefördert durch die Schaumburger Landschaft und die Bürgerstiftung Schaumburg und unter Schirmherrschaft des Kreissportbundes.Foto: bb

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