LOCCUM (jan). 20 Entwürfe für den Neubau der Bibliothek des Predigerseminars im Kloster Loccum sind eingegangen. Gewonnen hat der Entwurf des Büros "Pape + Pape" aus Kassel. Im Kloster hat das Architektenpaar seinen Entwurf vorgestellt.
Es ist schon eine Herausforderung, einem in 850 Jahren gewachsenen Gebäudekomplex ein neues Gebäude hinzuzufügen – und auch eine Ehre. Noch mehr Bedeutung kommt diesem Bauwerk zu, weil es künftig eines der Herzstücke des Loccumer Klosters beinhalten soll. Denn mit diesem Kloster, das 1163 gegründet wurde, wuchs auch seine Bibliothek. Das Wort hat schließlich im christlichen Glauben von jeher eine große Rolle gespielt. Und in schriftlicher Form ist es stets überliefert worden. Rund 80.000 Bände umfasst die Bibliothek derzeit. Ist der Neubau vollendet, sollen sie um weitere Bände aus dem ehemaligen Predigerseminar Celle erweitert werden und bis auf 120.000 Bücher anwachsen. Dann wird in Loccum eine der größten Bibliotheken Niedersachsens stehen. Der Verantwortung, die sie mit dem Sieg im Architektenwettbewerb übernommen haben, scheinen sich Ulrike und Tore Pape bewusst zu sein. Das Architektenpaar aus Kassel betont in der Pressekonferenz mit reichlich Publikum aus der Landeskirche jedenfalls, dass es sich sehr bewusst gerade um diese Aufgabe beworben habe. Tradition und Moderne in Einklang bringen, kein historisierendes Gebäude schaffen, aber es dennoch harmonisch in das Ensemble einfügen, mit einer klaren und funktionalen Grundriss-Gestaltung und auch energetisch-rational – so wollten sie die Bibliothek erscheinen lassen. Ihr I-Tüpfelchen im Entwurf ist das, was sie "das Gebäude aus sich heraus begreifbar machen" nennen. Begreifbar in seiner Funktion allein schon vom äußeren Erscheinungsbild, meinen sie damit. Dass es sich um eine Bibliothek handelt, soll nämlich durch die vertikalen Sichtbeton-Lisenen deutlich werden, die an drei Seiten im Erdgeschoss geplant sind und hinter denen sich die Fensterfronten befinden. "Wie Buchseiten", sagen sie, hätten sie diese Lisenen angeordnet – doch nicht nur dekorativ wollen sie diese Elemente verstanden wissen, sondern auch funktional, denn durch sie werde das Tageslicht in die Bibliothek eher indirekt scheinen. Ein Vorteil an solch einem Ort. Der Rest der Ansicht besteht aus Sandstein und soll damit den angrenzenden Gebäuden angeglichen werden. Trauf- und Firsthöhen werden aufgegriffen, im Zusammenspiel mit Refektorium und Konventsgebäude in "Priors Garten" wird eine kleine Platzsituation entstehen. Im Inneren des klar strukturierten Baukörpers werden Magazin und Arbeitsplätze angeordnet. Das Dachgeschoss wird zur Schatzkammer – und auf deren Inhalt ist Ulrike Pape sehr gespannt. 120 Quadratmeter soll dieser Raum groß werden und all jene Bücher des Klosters aufnehmen, die besonders wertvoll sind. Eine kleine Schatzkammer hat das Kloster bereits jetzt. Die ist aber lediglich zehn Quadratmeter groß. Vor Beginn des Wettbewerbs hat das Architektenpaar zwar das Kloster mit allerhand Räumen zu Gesicht bekommen – jene Schatzkammer war aber nicht darunter. Das älteste darin enthaltene Schriftstück ist eine Urkunde von 1183. Sie soll, wie so manche andere Kostbarkeit, unters Dach des Neubaus wandern. Bei der Frage nach den Kosten des Bibliotheksbaus zieren sich sämtliche landeskirchlichen Vertreter noch, Aussagen zu treffen. Lediglich eine Zahl steht im Raum: 17 Millionen Euro sind das Limit, das die Landeskirche gesetzt hat - allerdings nicht nur für die Bibliothek, sondern auch für den Neubau eines Gästehauses, die Sanierung des Konventsgebäudes und einige weitere bauliche Veränderungen. Das sei der Rahmen, der eingehalten werden müsse, sagt Kirchenbaudirektor Werner Lemke. Genauere Zahlen für die Bibliothek hoffe er in rund vier Wochen zu haben. Finanziert werden alle Maßnahmen zum überwiegenden Teil von der Landeskirche Hannovers, aber auch das Kloster Loccum sowie Land, Bund und weitere Förderer stehen dafür ein. Der Bauantrag soll im November auf den Weg gebracht werden. Und wenn alles gut gehe, meint Lemke, werde im Frühjahr 2017 mit dem Bau begonnen. Das Predigerseminar im Kloster Loccum muss dann für die Bauzeit seinen Standort verlassen. Andere kirchliche Einrichtungen in Loccum gewähren den Vikaren in jener Zeit Unterschlupf. Sowohl die Evangelische Akademie als auch die Heimvolkshochschule stellen Räume zur Verfügung. Etwas schwierig werde es in dieser Zeit mit der Nutzung der Bibliothek, sagt Adelheid Ruck-Schröder. Denn nicht nur die Vikare, auch der Bücherbestand müsse das Kloster verlassen. In einer Kirche in Hannover-Hainholz werden die 80.000 Bände während der Bauphase gelagert. Verlangt es die Vikare nach Büchern, so werden sie auf andere Bibliotheken zugreifen müssen. Da aber sämtliche Bauarbeiten vor dem Hintergrund der Expansion im Predigerseminar in Angriff genommen werden, sieht Ruck-Schröder auch diesen Zeiten gelassen entgegen. Der Sieger-Entwurf für den Bibliotheks-Neubau ist ebenso wie die weiteren 19 eingereichten Entwürfe bis zum 9. Oktober im Kreuzgang des Klosters Loccum ausgestellt. Täglich zwischen 10 und 18 Uhr können alle Entwürfe besichtigt werden. Foto: jan