1. Auf Tuchfühlung mit Karl Dall

    "Der alte Mann will noch mehr" lässt kein Auge trocken

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    BAD NENNDORF (jl). Der Titel hätte auch lauten können: "Karl Dall ganz persönlich". Bei seinem Auftritt im Kurtheater krabbelte das Urgestein des gehobenen Nonsens den Besuchern fast auf den Schoß, quetschte sie über ihr Eheleben aus ("Bereuen Sie es, alliiert zu sein?"), plauderte mit Ahnungslosen am Telefon und zeigte intime Bilder aus seiner Karriere. Dass dabei ein Lacher den nächsten jagte, versteht sich von selbst.

    Gerade erst die Bühne in gewohnter Manier – mit der Sangeseinlage "Der älteste Popper der Stadt"– erobert, kletterte der 75-Jährige über die Sitze ins Auditorium. Es drängte sich, dem Titel entsprechend, unweigerlich die Frage auf: Was will der alte Mann? Er wollte mehr. In dem Fall jemanden, der älter ist als er selbst. Bei Hilde, Jahrgang 1931, wurde er fündig und fragte unverdrossen nach ihrer Jacke –"sonst tu ich mir am Arsch so weh". An ihrer Seite wollte er mit den Gästen 1837 Dias aus seinem Leben anschauen. Es blieb jedoch bei einer erlesenen Auswahl. Überschwänglichen Jubel einer 500 Kilometer weit angereisten Männertruppe aus den vorderen Reihen kommentierte er ganz trocken: "Schön, wenn man Auslauf aus der Reha hat." Und so marschierte der Comedy-Altmeister durch den Abend: schlagfertig und selbstironisch. Für mächtig Stimmung sorgten Dalls Anrufe im Auftrag des Publikums. Der Ostfriese hielt die Auskunft in Trab, lästerte über die "Sauklaue" von Uwe, erzählte der Mutter von Zuschauerin Svenja, er wolle die Stadt Bad Nenndorf aufkaufen, und leistete der Ex-Frau von Micha radikalpsychologische Hilfe. Einer lasziven wie humoristischen Filmsequenz mit Hannelore Elsner aus dem Jahre 1969 unterstellte er, an Pornografie zu grenzen, weshalb er nicht hinsehen könne. Es folgten die ersten reimenden Zweizeiler aus der Zeit mit Ingo Insterburg nach der Devise "Essen macht die Pärchen Fett, eines Tages kracht das Bett". Inbrünstig schmetterte Dall Hans Albers‘ Smash-Hits und Eigenkompositionen wie "Mir fällt immer was runter" ("Ich habe es geschafft, mein ganzes Leben in ein Zwei-Minuten-Lied zu packen") ins Mikrofon. Mit Gast Reinhard am Keyboard stimmte er stilecht "La Paloma" an, mit einem Trompetensolo überzeugte er an der Gießkanne. Nach einem gut zweistündigen Angriff auf die Lachmuskeln verabschiedete sich Karl Dall herrlich selbstironisch mit einem "Medley der drei größten Flops der letzten 40 Jahre"– darunter der Insterburg-Klassiker "Diese Scheibe ist ein Hit". Als Zugabe verteilte er Autogramme und stand für Gespräche sowie Bilder bereit. Foto: jl

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