Detmold (bc). Was mag passieren, wenn man einen Ganoven mit Herz und gewaltiges Schlitzohr in eine psychotherapeutische Praxis einschleust und auf die Patienten loslässt? Die Autoren Gunther Beth und Alan Cooper haben darauf eine ebenso amüsante wie überraschende Antwort.
Der Psychologe Professor Dr. Otto (Bernhard Staercke) fährt zu einem Kongress. Für die Zeit seiner Abwesenheit hat er Dr. de Witt als Vertretung für seine Praxis bestellt. Aber keine Angst, denn jetzt kommt Felix Bollmann (Thomas Knappmann) ins Spiel, der kurz zuvor im Eiltempo als Weihnachtsmann verkleidet die Hauptkasse des Kaufhauses Karstadt geknackt hat. Auf der Flucht vor der Polizei landet er zufällig in der Praxis des Professors, wo die Sprechstundenhilfe Frau Engel (Annette Münstermann) schon sehnsüchtig auf die Vertretung wartet - und ehe "Bolli" sich versieht, findet er sich im weißen Kittel wieder und steht der ersten Patientin gegenüber. Eins muss man Bolli lassen: Zuhören kann der falsche Weihnachtsmann, der nun als falscher Psychotherapeut einfach drauflos therapiert. Und in unserer stressgeplagten Zeit, in der die Menschen gern aneinander vorbei reden, ist das schon mal die halbe Miete. Den Rest besorgt er mit Witz, Spontanität und der Heilkraft der Mitmenschlichkeit. Und so läuft sein Gastspiel wie geschmiert. Ob es nun die Schriftstellerin Claudia Carrera (Susanne Meindl) ist, die dank seiner Hilfe endlich ihren Vaterkomplex überwindet oder der verschrobene Finanzbeamte Jürgen Appelhans (Björn Schulze), der sich einbildet Elvis Presley zu sein. Der angebliche Dr. de Witt erweist sich als Naturtalent und therapiert sie alle erfolgreich. Eine Patientin noch - und dann hätte er es geschafft. Aber zu seiner Verblüffung, wird ihm mit der ebenso kapriziösen wie lustigen Witwe Bast ausgerechnet eine Kleptomanin vorgestellt. Dieses gleichgesinnte Klasseweib bringt es tatsächlich fertig, nicht nur die Tasche mit der Kaufhausbeute zu klauen, sondern auch gleich noch sein Herz. Auch der echte Dr. de Witt (Reinhard Micheel)) trifft noch in der Praxis ein und – man höre und staune - verliebt sich sofort in Fräulein Engel. Es gibt noch einige Verwirrungen und einen Rosenstrauß, dann finden die zwei zusammen. Und selbst Kommissar Maiwald (Michael Voigt), der den diebischen Weihnachtsmann nicht zu fassen kriegt und dadurch leicht depressiv in der Praxis auftaucht, kann von Naturtalent "Bolli" geheilt werden. "Der Neurosenkavalier" ist ein Genuss, eine Verführung mit Wortwitz und Mitwirkenden, die schlichtweg Freude bereiten - eine gelungene Inszenierung des Zimmertheater Detmold unter der Regie von Bernhard Staercke. Mit spielerischem Können, Textsicherheit brachte das achtköpfige Laien-Ensemble die Komödie auf die Bühne. Für einige Schauspieler war es das erste Mal. Auch sie meisterten ihre Aufgabe mit Bravour. Die Besucher erlebten in heiterer Atmosphäre einen köstlichen Theaterabend und bedankten sich mit lang anhaltendem Applaus. Von September 2016 bis April 2017 ist diese Komödie jeden Mittwoch – außer in den Schulferien – um 20 Uhr im Grabbe-Gymnasium (Eingang Georg-Weerth-Straße) zu sehen. Karten zum Preis von 10 Euro sind bei der Touristen-Information am Marktplatz in Detmold zu erhalten.