BÜCKEBURG (sk). Mit stehenden Ovationen und viel Jubel bedankten sich die Zuschauer im Bückeburger Rathaussaal für eine ganz besonderen Abend. Kein Wunder, denn die rund 40 Mitwirkenden überzeugten in dem Musical-Klassiker "Anatevka" mit Freude, Herzblut und Können.
Das Musical von Jerry Bock (Musik), Joseph Stein (Buch) und Sheldon Harnick (Texte) zählt seit der New Yorker Uraufführung 1964 unter dem Titel "Fiddler on the Roof" zu den eindringlichsten Werken des Musiktheaters und wurde weltweit zum Erfolg. Es besticht durch seine ständige Gratwanderung zwischen Komik und Tragik, zwischen jüdischem Witz, bitterem Ernst und zu Herzen gehender Traurigkeit. Denn die Geschehnisse um Heirat, Liebe und persönlicher Lebensgestaltung der Figuren werden im Hintergrund immer wieder überschattet von Pogromen und Vertreibung durch die russische Armee. Dessen Darbietung ist dem aus ganz Deutschland stammenden Ensemble, den Musikern (Leitung: Stephan Winkelhake) sowie den aus dem Bückeburger und Schaumburger Raum stammenden Tänzer und Chorsängern (Chorleitung Steffi Feindt) unter der Leitung von Jens Wassermann und Miriam Heinze ausgezeichnet gelungen. Es ist die Geschichte des Milchmanns Tevje, seiner Frau Golde und ihren drei heiratsfähigen Töchtern Tzeitel, Hodel und Chava, die im russischen Dörfchens Anatevka leben. Ihr Leben und das der Dorfbewohner ist bestimmt von überlieferten Werten und Tradition. Fast selbstverständlich, dass die Jugend nicht so will wie deren Eltern und die Heiratsvermittlerin Jente. Die Töchter suchen sich nacheinander selbständig ihre Liebsten aus und wählen einen armen Schneider (schlimm), eine Revolutionär (noch schlimmer) sowie eine Nicht-Juden (große Katastrophe) zum Manne. Letztendlich werden die jüdischen Bewohner aus ihrem Dörfchen Anatevka vertrieben und müssen sich einen neuen Platz in der Welt suchen. Da wurden im zu Tränen gerührten Publikum auch schon mal die Taschentücher herumgereicht. Über dem ärmlichen Leben und den liebestollen Flausen seiner Töchter bewahrt sich Tevje, herausragend gesungen von Anton Leiss-Huber, jedoch seinen Humor. Seine Zwiegespräche mit Gott ("Herr, ich will mich ja nicht beklagen, aber mit deiner Güte sind wir fast am Verhungern") bringen das Publikum immer wieder zum Schmunzeln und Lachen. Mit seinen Lieder "Wenn ich einmal reich wär" und "Ist es Liebe?" (im wunderbaren Duett mit Tonje Haugland als Golde) bezaubert er die Zuhörer. Neben den Titeln "Jente, o Jente" und dem "Sabbatgebet" zählten auch das Titellied "Anatevka" und das Loblied auf die "Tradition" zu den musikalischen Höhepunkten des Abends. Sehr ausdrucksstarken dabei die Auftritte von Juliane Schenk mit ihrem klaren Sopran als Tochter Hodel. Und die namhafte Bückeburger Sängerin Miriam Heinze brillierte als Fruma Sarah und Heiratsvermittlerin Jente. Diese hochklassigen Aufführung mit großen Gefühlen, charakterstarken Stimmen und mitreißender Klezmermusik bejubelten die Zuschauer nach fast drei Stunden mit lang anhaltendem und begeisterten Applaus.Foto: sk