LYHREN (al). In einem Haus am Ortsrand von Lyhren wird es am morgigen Sonntag, 14. August, recht lebhaft zugehen. Bewohnerin Johanna Müller feiert ihren 100. Geburtstag. Ihren Gratulanten hat sie eine Menge zu erzählen. Allerdings wird Bürgermeister Günter Knief ihre wichtigste Aussage gar nicht gern hören wollen: "Lyhren mag ich überhaupt nicht", betont sie nachdrücklich. Kein Wunder: Über Jahrzehnte lebte sie mitten in Berlin, nachdem sie schon als 20-Jährige aus ihrem kleinen Geburtsort in Masuren in die Millionenmetropole wechselte und nur mit kurzer Unterbrechung bis zum 96. Lebensjahr dort wohnte – bis zuletzt mit eigenem Haussstand. Doch als das Gehör schlechter wurde und der geliebte Bummel durch die Straßen nur noch mit dem Rollator möglich war, nahm sie Tochter Dagmar Wanzlick zu sich. Johanna Müller hat wirklich ein Leben mit vielen Höhen und Tiefen erfahren. Ihr mathematisches Talent wurde schnell erkannt, anfangs in Buchhaltung und an der Hauptkasse eines Möbelkonzerns, später als Abteilungsleiterin in einem Kaufhaus. Doch ein privates Glück gab es nur sehr eingeschränkt. Der erste Mann fiel bald nach der Hochzeit noch in den letzten Kriegswochen, sodass die Witwe sich allein um die gemeinsame Tochter kümmern musste. Eine zweite Ehe stand unter dem Zeichen von Krankheit und Alkoholsucht des Partners.
Ihren Lebensmut aber hat Johanna Müller dadurch nicht verloren. Immer noch blitzen ihre Augen, wenn sie vom Leben in Berlin erzählt. "Ich konnte doch gut das Einmaleins und war eine fleißige Verkäuferin", erinnert sie sich an frühere Berufsjahre. Zudem sei ihr stets eine gute Gesundheit beschieden gewesen. Dass sie kürzlich zum ersten Mal ein Krankenhaus aufsuchen musste, lag an "Bärchen". Der etwas rüde Kater, mit dem sie ihre Wohnung teilt, hatte sie in die Hand gebissen. Foto: al