1. Seifenblasen statt "braune" Stiefel vor dem Winckler-Bad

    Bad Nenndorfer feiern Absage des Nazi-Aufmarsches / Rund 250 Teilnehmer

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    BAD NENNDORF/LANDKREIS (bb). Seit 2006 sind Nazis jährlich in einem großen Aufmarsch durch Bad Nenndorf gezogen, im August 2016 sagten sie diese Veranstaltung erstmals ab. Unter dem Motto "Protest und Fest" hatte der Deutsche Gewerkschaftsbund trotzdem zu einer Gegendemonstration aufgerufen. Rund 250 Teilnehmer kamen, zeigten Flagge gegen Rechtsextremismus sowie für eine demokratische, offene Gesellschaft. Und feierten, dass in diesem August eben keine Nazis durch die Kurstadt marschieren. Keine Ausweiskontrollen und Absperrungen, keine Polizeiketten oder Pfeifkonzerte, mehrere Redner hoben während der Kundgebung hervor, dass diesmal eine gänzlich andere Atmosphäre in Bad Nenndorf herrsche als in den Jahren zuvor. Moderator Klaus Strempel hielt in der Eröffnung fest, dass es nach rund elf Jahren des Protestes erstmals keinen rechtsextremen Umzug in Bad Nenndorf gebe. Trotzdem laufe der Protest nicht aus, "wir werden uns weiter den Nazis entgegen stellen", so Strempel. Jürgen Uebel, Vorsitzender des Bündnisses "Bad Nenndorf ist bunt", unterstrich, dass die Absage des rechtsextremen Aufmarsches allen Grund gebe, kräftig zu feiern. Nach elf Jahren des Protestes sei nun endlich eine klare Antwort auf die Frage gegeben worden, wem diese Stadt gehöre. Nämlich "den Bürgern Bad Nenndorfs". Uebel fasste die Entwicklung in dieser Zeit zusammen. In den ersten drei Jahren sei der Widerstand in erster Linie von antifaschistischen Aktivisten ausgegangen. Es habe einige Zeit gebraucht bis in Bad Nenndorf ein breites Bündnis eigene Aktionen gegen die Nazi-Aufmärsche entwickelt habe. Bis 2010 habe die Zahl der rechtsextremen Marschierer eine Höchstzahl von rund 1000 Teilnehmern erreicht. In diesem Jahr sei jedoch auch die Idee zur Partymeile entstanden und damit das Konzept, die Nazis lautstark und bunt "zu vergrälen", so Jürgen Uebel. In der Folge hätten die Teilnehmerzahlen der beim Marsch mit Schlumpflied und Vuvuzelas veralberten Nazis wieder abgenommen. Heute zeige sich, dass das Projekt der Rechtsextremen vor die Wand gefahren sei. Er erwarte zwar nicht, dass die Nazis die "Leiche Trauermarsch" wiederbeleben könnten. Die Marschierer seien vertrieben jedoch nicht bekehrt, die Szene sei weiterhin aktiv. So gelte es für das Bündnis "Bad Nenndorf ist bunt", weiter auf der Hut zu sein, so Uebel. Marina Jalowaja, Sprecherin der jüdischen Gemeinde, erinnerte daran, dass rechtspopulistische Bewegungen derzeit an Zulauf gewönnen. Umso wichtiger sei die Bereitschaft des Bündnisses, gemeinsam auch weiterhin die "Werte der Demokratie zu verteidigen". Wie Marina Jalowaja drückte auch Bürgermeisterin Gudrun Olk ihre Freude über die Absage des rechtsextremen Aufmarsches aus. "Ich freue mich wahnsinnig, dass wir heute ganz unter uns feiern können", hielt die Bürgermeisterin fest. Sie erinnerte jedoch ebenfalls daran, dass die Bereitschaft zum Protest aufrechterhalten werden müsse. Samtgemeindebürgermeister Mike Schmidt und Stephan Manke, Staatssekretär im niedersächsischen Innenministerium, hoben hervor, dass die Absage des Protestmarsches nicht auf Handeln der Politik zurückzuführen sei, sondern auf die Bürger vor Ort, die "diesen bunten Prostest auf die Straße gebracht haben". Arend de Vries, Vizepräsident des Landeskirchenamtes Hannover der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche, betonte, dass der Ruf "Nazis raus" richtig sei. Trotzdem gelte es, die Rechtsextremisten als Menschen nicht aufzugeben, sondern zu versuchen, sie zu erreichen und von ihrem Weg abzubringen. Nach dem Zug zur Abschlusskundgebung vor dem Wincklerbad betonte Sigrid Bade vom VfL Bad Nenndorf, das Bad Nenndorf in diesem Jahr seine Bahnhofstraße wiedergewonnen habe. "Deshalb feiern wir", hielt sie fest, bevor sie gemeinsam mit Silke Engelking und India Springer zum Tanzen animierte. In den verschiedenen Restaurants im Umfeld schlossen sich Feiern der Gegendemonstranten an.Foto: bb

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