BAD NENNDORF (jl). Worüber gut einen Monat spekuliert wurde, ist nach einer Presseinformation des Landkreises nun offiziell: Der alljährliche Aufmarsch der Neonaziszene wird nicht wie ursprünglich geplant am 6. August stattfinden.
In dem Schreiben von Donnerstagnachmittag geht es eigentlich darum, dass der Kreis die Kundgebungen des bürgerlichen Protestbündnisses in vollem Umfang bestätigt. Im dritten Satz heißt es dann: "Änderungen der Route oder des Versammlungszeitraums mussten hierbei nicht vorgenommen werden, da der sogenannte ‚Trauermarsch‘ abgesagt worden ist." Eine schriftliche Absage liegt der Versammlungsbehörde bis heute allerdings nicht vor, wie Kreissprecherin Anja Gewald auf Nachfrage erklärte. Mitte Juni hatte sich der Anmelder aus dem rechten Lager beim Landkreis telefonisch gemeldet und eine Terminverschiebung angefragt. Seither: Funkstille. Gewald zufolge teilte der Kreis daraufhin am 8. Juli in einer entsprechenden E-Mail an den Verantwortlichen mit, dass man davon ausgehe, dass der Aufmarsch in Bad Nenndorf nicht stattfindet – sofern er sich nicht meldet. Eine Antwort blieb aus. "Auch an den folgenden Kooperationsgesprächen am 11. Juli hat er nicht teilgenommen", betonte die Sprecherin. Das Schweigen wurde nun entsprechend gewertet. Ein Aufmarsch ist damit aber nicht grundsätzlich vom Tisch. Die Rechten könnten dennoch in der Kurstadt landen, müssten dies jedoch bis 48 Stunden vorher erneut beim Landkreis anzeigen. Der Grund, warum "Bad Nenndorf ist bunt"-Vorsitzender Jürgen Uebel seinen Optimismus noch zurückhält. Er spricht lieber von einer richtigen und notwendigen Entscheidung als von einer aktiven Absage. Seine Freude, dass die Kurstadt am ersten Augustsonnabend nazifrei bleibt, trübt das aber keineswegs. "Wir haben ihnen den Aufmarsch mit ganz vielen engagierten Menschen über die letzte Jahre madig gemacht", so Uebel. Das "Projekt Trauermarsch" sieht er gescheitert. Dennoch gibt er zu bedenken auch mit Blick auf die aktuelle politische Lage wie der Bekämpfung des Internethasses: "Die lösen sich nicht in Luft auf, die sind nach wie vor da, die sind spontan, tricksen auch rum und haben ihre Hintergedanken." Fest steht: Die angezeigten bürgerlichen Protestversammlungen können ohne Einschränkungen stattfinden – und das werden sie auch. "Wir treffen uns trotzdem noch alle und feiern bunt und laut, dass die Demokratie dieses Jahr gewonnen hat", erklärte Stadtdirektor Mike Schmidt. Organisiert und geplant sei schließlich schon alles, obgleich die Aktionen nun erfreulicherweise mit erheblich weniger Aufwand und Beeinträchtigung verbunden seien. Für das nächste Jahr hofft Schmidt auf einen ähnlichen Ausgang –"natürlich nur etwas rechtzeitiger". Denn einen bitteren Beigeschmack hat die abgeblasene Nazidemo für die angehenden Abc-Schützen in Bad Nenndorf, die als einzige in Niedersachsen nun einen Tag später eingeschult werden. Die Grundschule hatte nach monatelangem Schweigen der Rechten die Einschulung extra verschieben lassen, um Kollisionen mit den Aufmarschierenden zu vermeiden und den Familien Planungssicherheit gewährleisten zu können. Foto: Archiv bb