Lemgo (nr). Inzwischen sind die Bewohner der neuen Pflegeeinrichtung des Kreises Lippe auch mental angekommen. Das neue Kreisseniorenheim lässt die Bewohner von einem völlig neuen Wohnkonzept in unterschiedlichen Wohngruppen und vielen verschiedenen Aktivitäten profitieren. Der Weg dorthin war indes länger als geplant. Die offizielle Eröffnung fand letzte Woche im Rahmen einer Feierstunde statt.
"Kennzeichnend für das Haus ist, dass es auf den ersten Blick nicht als Seniorenwohnheim erkennbar ist", so Dorothea Ruhe, Prokuristin der Kreiseniorenheime. "Mit Café und Friseur im hellen Eingangsbereich wirkt es eher wie eine Begegnungsstätte." Auffallend ist auch das von Künstler Raimund Urbanowicz gemalte Wandbild im Eingangsbereich, das ebenso feierlich eingeweiht wurde. Es zeigt einen großen Ausschnitt des Lemgoer Marktplatzes. Im Vorfeld hatten viele Senioren bemängelt, mit dem Neubau Zentrumsnähe und somit ein Stück Eigenständigkeit zu verlieren. So wurde kurzerhand der Marktplatz auf eine andere Art näher an die Bewohner gebracht. Um die Eigenständigkeit der Bewohner auch außerhalb medizinischer Versorgung zu garantieren, gibt es regelmäßige Einkaufstouren in die Innenstadt, verschiedene Kursangebote und Tanztees, oder wird im August auch der Urlaub selbst in das Gebäude geholt. "Mit dem Neubau an der Rintelner Straße haben wir eine Einrichtung geschaffen, die ganz auf die Bedürfnisse der Bewohner ausgerichtet ist", freut sich Landrat Dr. Axel Lehmann und hat dabei das Ziel, die Selbstständigkeit älterer oder pflegebedürftiger Bewohner zu erhalten oder wiederherzustellen im Blick. "Aber es war auch eine Entstehungsgeschichte der Widerstände", resümiert er. So stand erst die Frage im Raum, ob überhaupt neu gebaut werden müsse, was allein schon aufgrund gesetzlicher Vorgabe zwingend war. Ein Umbau im Bestand in der Echternstraße kam nicht infrage. Im Bauverlauf musste dann der Generalunternehmer Insolvenz anmelden, was die Bauzeit, aber auch die Baukosten in unerwartete Länge und Höhe trieb. Die Baukosten für die Einrichtung mit einer Grundfläche von 4.265 Quadratmetern waren ursprünglich mit 7,5 Millionen Euro angesetzt worden, die reellen Baukosten liegen bei 9,5 Millionen Euro. Letztendlich waren sich alle Beteiligten jedoch einig, dass die neue Einrichtung sowohl an modernen Standards, als auch an Lebensqualität neue Maßstäbe bietet. So stünden in der neuen Einrichtung neben einem barrierefreien Zugang zu allen Bereichen auch die Unterbringung verschiedener Dienstleister unter einem Dach und die direkte Anbindung an das Klinikum und einer Apotheke zur Verfügung. "Die Bewohner erleben hier eine medizinische Versorgung, die für sie gut erreichbar ist und ihnen somit ein Stück Eigenständigkeit zurück gibt", ist sich Peter Schwarze, Geschäftsführer der Kreissenioreneinrichtungen Lippe sicher. Für den Kreis Lippe ist die neue Senioreneinrichtung ein kompletter Paradigmenwechsel, wie Dorothea Ruhe weiß. Die komplette Neugestaltung des Gebäudes in Wohnbereiche mit Einzelzimmern und jeweils angeschlossenem Bad sei ein großer Fortschritt. Auch die Umsetzung im Passivhaus-Standard und die damit verbundenen Einsparungen bei Energieverbrauch und Heizkosten seien zukunftsweisend. Die stationäre Langzeitpflege im ersten und zweiten Obergeschoss des Gebäudes kann 72 Bewohner aufnehmen. Zwei Wohnbereiche mit je einer Kapazität von 36 Plätzen sind in vier Wohngruppen mit je 18 Bewohnern aufgeteilt. Der Wohnbereich "Leben Intensiv" für intensivpflegebedürftige Menschen mit zwölf Plätzen findet sich im Erdgeschoss. Ebenfalls im Erdgeschoss befindet sich jetzt auch ein Schlaflabor unter Leitung des Klinikums mit sechs Plätzen und ein Überwachungsraum. Nach dem Umbau des Gebäudes in der Echternstraße, gäbe es für die Senioren auch die Möglichkeit wieder zurückzukehren. "Nach vielen positiven Rückmeldungen seitens der Bewohner können wir aber davon ausgehen, dass dies nicht der Fall sein wird", schloss Landrat Dr. Axel Lehmann.