OBERNKIRCHEN (wa). "Unser Kind ist ein "Draußen-Kind". Wir wohnen schon nah am Wald und wir wissen, dass ein Waldkindergarten einfach zur ihr passt", sagt Thomas Hoheisel. Er ist an diesem Abend mit Ehefrau Carolin zur Vorstellung des Waldkindergartenkonzepts der AWO im Rathaus Obernkirchen erschienen. Die Stadtverwaltung plant zum 1. Oktober den ersten Waldkindergarten in der Bergstadt im sogenannten Uhlenbruchtal hinter dem Sonnenbrinkbad zu eröffnen. Das ideale Gebäude ist bereits vorhanden: Die Schutzhütte aus massivem Sandstein erbaut an einem kleinen Bachlauf. "Wir werden nun die Angebote für die Sanierung einholen", erklärte Kerstin Farr, Sachbearbeiterin im Fachbereich Bürgerangelegenheiten. Ein Sturmraum soll vom naheliegenden Tennisclub gestellt werden. Geplant ist, mit 15 Kindern im Oktober 2016 zu starten. Eine Mindestanzahl von zehn Kindern wird vom Land Niedersachsen bezuschusst.
Was ist das Besondere an einem Waldkindergarten? Die Kinder haben anders als in einem geschlossenen Raum, viel Platz für ihre Bedürfnisse. Sie können ihren Bewegungsdrang inmitten der Natur frei ausleben. Lachen, weinen, tanzen, träumen egal ob bei Sonnenschein, im Regen oder Schnee: Aus medizinischer Sicht hat dies eine stärkende Wirkung auf ihr Immunsystem. Sie erleben sich im Einklang mit der Natur und den Jahreszeiten. Kraft und Ausdauer, Selbstvertrauen und innere Sicherheit werden gesteigert und ausgeprägt. Auf unebenem Waldboden laufen und springen, auf Bäume klettern, an Ästen hangeln oder auf umgestürzten Bäumen balancieren. "Unmittelbares Erleben, eigene Erfahrungen mit eigenen Sinnen anstelle von Projektionen aus zweiter Hand, geben Selbstwertgefühl und insbesondere emotionale Stabilität", sagt Heidemarie Hanauske, Geschäftsführerin des AWO Kreisverbands Schaumburg. Ein Kindergarten ohne Tür und Wände hilft, dass sich Aggressionen gar nicht erst aufstauen und in einen Stresszustand führen. Die kleine überschaubare Gruppe bietet ideale Möglichkeiten, soziale Konflikte konstruktiv zu lösen. Der Wald bietet einen Schonraum, von dem aus die nähere Umgebung anschaulich und lebensnah erfahren wird. Auf der Basis von Geborgenheit und Sicherheit können die Kinder ihre weitere Umwelt entdecken und ihre Abenteuerlust ausleben. Dabei werden Intuition und Phantasie besonders durch die Vielfalt der Natur des Waldes angesprochen und kreative Kräfte geweckt, die durch die Handlungsangebote der Pädagogen/innen unterstützt werden. Das tägliche Erleben des Waldes in dieser Art und Weise ist für Kinder ein wirkliches Abenteuer. Körperliche und seelische Stabilität werden gefördert und macht die Kinder im kognitiven Bereich motivierter und leistungsfähiger. Sie bekommen gleichzeitig ein vielfältiges Informationsangebot aus verschiedenen Wissensgebieten. Gerade ein Waldkindergarten beugt vielen Verhaltensauffälligkeiten vor und wirkt ihnen entgegen. Die Kernzeit beginnt mit dem Morgenkreis und einem Frühstück. Es wird gewandert, es gibt Zeiten für Freispiel und das Entdecken der Natur für jedes Kind in seinem eigenen Tempo. Geplant sind auch Projekttage und gemeinsame Ausflüge. Hier bietet sich beispielsweise das Sonnenbrinkbad in unmittelbarer Nähe an. Die Rahmendaten: 15 Kinder im Alter von 3-6 Jahren werden von zwei Erzieher/innen und mindestens einer Vertretungskraft betreut. Die Betreuungszeit beträgt von Montag bis Freitag bis zu fünf Stunden am Vormittag. Die Kernzeit von 8.30 Uhr bis 12.30 Uhr wird ergänzt durch zwei halbstündige Verfügungszeiten von 8 bis 8.30 Uhr und 12.30 bis 13 Uhr, in denen die Eltern ihre Kinder jederzeit bringen beziehungsweise abholen können. Auf Nachfrage soll mit nahegelegenen Kindergärten kooperiert werden, falls Eltern eine Aufstockung der Betreuungszeit benötigen, stellte Bürgermeister Oliver Schäfer in Aussicht. Interessierte können sich ab sofort bei der Stadt Obernkirchen melden: Rosemarie Meier, 0 57 24/39 5-73, Fachbereich Kinderangelegenheiten. "Wenn wir bis zum Oktober keine zehn Kinder zusammenbekommen ist das Thema nicht vom Tisch. Für 2017 wird dann ein Plan B entworfen", sagte Schäfer.