WUNSTORF (mk). "Willkommen bei uns", so lautet das Jahresmotto für 2015/2016 der Diakonie in Niedersachsen und angesichts der großen Zahl an Flüchtlingen ist es aktueller denn je. Doch nicht nur die Betreuung dieser Menschen hat die Diakonie gefordert – der soziale Dienst der evangelischen Kirche heißt alle willkommen, die Hilfe brauchen: Menschen mit sozialen, finanziellen oder psychischen Problemen, unabhängig von Nationalität, Konfession oder familiärem Hintergrund. In einigen Bereichen ist die Diakonie auch an ihre Grenzen geraten, wie der Jahresbericht deutlich macht.
Michael Hagen, Superintendent im Kirchenkreis Neustadt-Wunstorf betonte, dass die Diakonie trotz der großen Zahl an Flüchtlingen rechtzeitig tätig werden konnte. So hätten der Arbeitskreis Asyl und der Arbeitskreis Integration dazu beigetragen, die Situation zu bewältigen. Generell hätten die bestehenden Strukturen, dazu gehört auch der Kleiderladen in Wunstorf, dazu beigetragen, die Herausforderung zu meistern. Auf dieser Basis konnten die neuen Angebote aufbauen. Um die Ehrenamtlichen zu unterstützen hat die Diakonie eine neue Stelle geschaffen, zunächst auf zwei Jahre befristet. Hier laufen alle Fäden zusammen und hier erfolgt die Koordination der vielen, freiwilligen Helfer. Deren Zahl habe sich im Zuge der Flüchtlingskrise verdreifacht, so Hagen. Dennoch sei häufig die Kapazitätsgrenze erreicht worden. Die Flüchtlinge nutzen das ganze Angebot der Diakonie. Laut Reiner Roth, soziale Beratung, sei beispielsweise die einmal wöchentlich stattfindende Sprechstunde für Schwangere völlig ausgelastet. Dank der Hilfe Ehrenamtlicher mit entsprechenden Sprachkenntnissen könne den Frauen gut geholfen werden. Die große Zahl der Schwangeren führt er darauf zurück, dass vor allem in Wunstorf viele junge Familien untergebracht wurden. In der allgemeinen Beratung hat sich, so Roth, die Lage wieder ein wenig beruhigt, da mittlerweile andere Maßnahmen auch von Stadt und Region greifen. Grundsätzlich sei die Zahl der ausländischen Beratungssuchenden gestiegen – aktuell machen sie 61 Prozent aus. Selbstverständlich, so Roth, laufe die "normale" Arbeit weiter. So zum Beispiel in der Schuldnerberatung. Schuldnerberaterin Anette Becker spricht von 183 Fällen im Kirchenkreis Neustadt-Wunstorf, 86 in Wunstorf (davon 19 durch Krankheit) und 97 in Neustadt (davon 12 durch Krankheit). Bei Menschen über 70 ist die Zahl um drei Prozent gestiegen – grundsätzlich, so Becker, ist bei dieser Personengruppe eine Zunahme festzustellen. Auch die Zahl der überschuldeten Frauen nimmt zu. Immer mehr Hauptverdiener sind weiblich, viele von ihnen alleinerziehend. Einen Abwärtstrend könne sie bei den unter 30-Jährigen feststellen. 30 Prozent aller Schuldner sind krank, wie die Schuldnerberaterin weiter mitteilt. Dass Schulden krank machen und Krankheit zu Schulden führt ist schon seit längerem bekannt. Aus diesem Grund findet aktuell bundesweit eine Aktionswoche zum Thema statt. Die Beratung in der Diakonie soll nachhaltig und ganzheitlich sein. Dank der vielen verschiedenen Angebote können Betroffene auf kurzen Wegen im hausinternen Netzwerk vermittelt werden. Pressesprecher André Lang betonte, dass die Flüchtlingskrise die Wahrnehmung der Diakonie in der Öffentlichkeit durchaus verändert habe. Die Spendenbereitschaft sei überwältigend gewesen und zudem hätten sich viele Personen ohne einen kirchlichen Hintergrund engagiert. Viele Menschen hätten die Diakonie für sich neu entdeckt. Foto: mk