Aus Bad Lauterberg im Harz bis an die Spitze der Schiedsrichter-Welt war es aber ein weiter Weg für die Polizeikommissarin. "Zunächst habe ich früher selber Fußball gespielt - aber nur mäßig erfolgreich", erzählt Steinhaus. Auf die Berufung als Spielleiterin brachte sie dann ihr Vater. Der ist - auch heute noch - ebenfalls Schiedsrichter, in einer der unteren Ligen. "Dort findet die Arbeit direkt an der Basis statt", sagt Steinhaus. "Man bekommt in der Kreisliga alles mit, was vom Spielfeldrand reingerufen wird, man ist direkt mit den Zuschauern konfrontiert. Teilweise ist das schwieriger zu verdauen als in der Bundesliga mehrere tausend Stadionbesucher, die dich kollektiv auspfeifen." Steinhaus hat beides erlebt. Unabhängig von der Ligaebene sehe sie es als Herausforderung, sich der Aufgabe jedes Wochenende wieder zu stellen, sagt sie. "Rausgehen, mit meinem Fachwissen Entscheidungen treffen, diese kommunizieren und manchmal auch mit Fehlentscheidungen umgehen - es geht immer wieder bei Null los." Jeder Schiedsrichter müsse seinen eigenen Weg finden, mit sich selbst im Reinen zu sein und sich so professionell vorbereiten, dass er sich am Ende nichts vorwerfen kann. Wer dabei so weit kommt wie Steinhaus, erlebt natürlich auch große Höhepunkte. In ihrem Fall war das ihre Arbeit bei der Weltmeisterschaft der Frauen 2011 in Deutschland. Sie pfiff unter anderem das Finale zwischen Japan und den Vereinigten Staaten in Frankfurt am Main. "Das hätte ich mir nie träumen lassen, als ich mit 16 als Schiedsrichterin angefangen habe", sagt die 37-Jährige. Beim Gedanken an die Unterstützung und den Beifall der Fans, die gemeinsam den Fußball feierten, bekommt sie heute noch Gänsehaut. Speziell jungen Schiedsrichterinnen gibt Steinhaus den Rat, es als "Herausforderung und nicht als Hindernis betrachten, Wege herum um die Mauern in einem männerdominierten Metier zu finden". Im Niedersächsischen Fußballverband waren im vergangenen Jahr laut Schiedsrichter-Statistik des DFB 570 Frauen als Spielleiterinnen unterwegs - neben 11.002 männlichen Kollegen. Es könne schwierig, sich zu unter diesen zubehaupten. "Das erfordert ein starkes Selbstbewusstsein. Man muss Mut haben, es einfach ausprobieren und seinen eigenen Weg finden", sagt Steinhaus. In Schaumburg beweisen derzeit 13 Frauen ein solches Selbstbewusstsein, pfeifen Partien von der Oberliga abwärts. Insgesamt gibt es rund 180 Schiedsrichter im Landkreis. Eine Zahl, die Wilhelm Kläfker, im hiesigen NFV-Kreisverband Vorsitzender des Schiedsrichterausschuss, Sorgen macht. "Uns fehlt es nicht mal unbedingt am Nachwuchs, sondern an gestandenen Leuten - egal, ob Männer oder Frauen -, die Spiele pfeifen", sagt er. Die Voraussetzungen seien nicht hoch: Man müsse einem Verein angehören, einige wenige Lehrgänge besuchen und ein wenig sportlich sein. Trotzdem sei es schwierig, Engagierte zu finden, die sich am Wochenende der von Steinhaus beschriebenen Basisarbeit stellen wollen. Zum einen nimmt Kläfker hier die Vereine in die Pflicht: "Diese müssen bei sich direkt vor Ort Leute ansprechen, die mit dem Verein verbunden sind und die sich zutrauen, ein Fußballspiel zu leiten." Lösungen würden sich von Kreisverbandsseite aus sicher finden - und wenn ein mancher nur alle zwei Wochen Zeit zum Pfeifen findet. Frauen würden hier zudem deutlich schneller gefördert als Männer. Aber Kläfker spricht auch die Zuschauer an, deren Hemmschwelle über die Jahre immer weiter gesunken sei, was zum Beispiel Beileidigungen angehe. "Gerade die jungen Leute können doch gar nicht alles richtig machen", sagt er. "Auch unseren Schiedsrichtern muss man Fehler zu gestehen." Foto: tr
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"Kreisliga ist schwieriger als Bundesliga"
Bibiana Steinhaus: Der Weg von einer mittelmäßigen Fußballerin bis zur besten Schiedsrichterin der Welt
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