LANDKREIS (pp). Rund 340 Forstleute aus Deutschland sowie Gäste aus Österreich und der Schweiz haben sich im Rahmen der Bundestagung der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW) an zwei Tagen in mehreren Gruppen im zum Kreisforstamt Spießingshol gehörenden Teil des Schaumburger Waldes praxisnah über die Möglichkeiten und Probleme naturgemäßer Eichenwaldwirtschaft informiert und ausgetauscht. Die Veranstaltung stand unter der Überschrift: "Toleranzmodell Dauerwald; Naturnähe verbindet – Segregation spaltet".
"Nach unserer Überzeugung kann der Eichenbestand ohne Pflege nicht erhalten werden", erläuterte Forstamtsleiter Lothar Seidel, der die vier Stationen umfassende Exkursion zusammen mit dem Pollhäger Revierleiter Rüdiger Fitzner sowie Steffen Fitzner und Bernhard Michel leitete. Das Motto ‚Schützen durch Nützen’ sei richtig, führte Seidel aus. Das bis heute etablierte Modell einer ausgewogenen, multifunktionalen Waldbewirtschaftung reiche aus - neue Schutzgebietskonzepte und zunehmende Tendenzen zur räumlichen Trennung der Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen des Waldes sieht der Forstamtsleiter kritisch. Probleme, so Seidel, bereiteten auch die politischen Vorstellungen. Durch die Ausweisung als Flora, Fauna, Habitat- (FFH) und Natura 2000-Gebiet nehme inzwischen auch die Landesregierung Einfluss auf der Schaumburger Wald, obwohl dies vor der Ausweisung anders dargestellt worden sei. "Unser Eigentümer ist aber nicht der Landwirtschaftsminister, sondern das sind die Schaumburger Bürgerinnen und Bürger", betonte Seidel. "Wir wissen heute auch nicht genau, was die Landesregierung von uns will und was es uns kosten wird." An den Stationen wurden die Besucher intensiv in die standortbedingten Besonderheiten der Eichenwirtschaft im Schaumburger Wald eingeführt. "Wir sind hier in der Kampfzone zwischen Buchen- und Eichenwald. Besonders die Hainbuche bedrängt unsere Stieleiche stark. Jede Lücke erobern die Hainbuchen mit ihrem explosionsartigen Wachstum, wenn wir nicht gegensteuern", berichtete Rüdiger Fitzner. "In dieser Zone arbeiten wir natürlich ein bisschen gegen die Natur. Durch den FFH-Status sind wir aber auch verpflichtet, den Eichenbestand zu erhalten." Über die Suche nach den besten Lösungsansätzen für diesen Erhalt berichtete Steffen Fitzner. So beobachtet das Forstamt verschiedene Versuchsabschnitte, in denen Jungeichen unterschiedlich geschützt oder mehr der Natur überlassen werden. Derzeit, so Fitzner, sei die bevorzugte Lösung, bei den die jungen Eichen überwuchernden Stieleichen den Wachstumstrieb manuell abzuknicken. Dadurch bilden sie weiter einen Schutzwall gegen Wildverbiss für die Eichen, nehmen diesen aber nicht das Licht und die Entfaltungsmöglichkeiten. Ob alle diese Bemühungen zum Erfolg führen, wird in der Eichenwirtschaft erst in späteren Generationen zu sehen sein. "Wir denken in Zeiträumen von 200 Jahren. Wie es dann hier aussieht, weiß ich auch nicht", resümierte Lothar Seidel. Foto: pp