1. Kleinbürgerliche Träume vom eigenen Glück

    Dietmar Buchholz besucht abgeschobene Roma-Familie in Serbien / Ihr Leben in Serbien ist deutlich schlechter als hier

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    Selbst die Kinder stellen sich schon diese Frage. Doch niemand weiß eine Antwort. Als sie im Dezember 2015 in den Balkan zurückkehrten, war unklar, ob sie in ihrer alten Siedlung unterkommen konnten. Und unklar war auch, wie sie über den Winter kommen sollen. Nachdem die Roma schon das zweite Mal aus Schaumburg zurück nach Serbien mussten, versprach Buchholz sie zu besuchen. Die drei jungen Mädchen der Familie wurden in der Grundschule Lindhorst und in weiterführenden Schulen in Stadthagen betreut. In der Grundschule Lindhorst entstand der Kontakt zu Förderlehrer Dietmar Buchholz, der im Laufe der Zeit ein freundschaftliches Verhältnis zu der Familie entwickelte. Die Familie zeigt sich arbeitswillig und integrationsbereit. Sie durften nur nicht. "Die Eltern wollen eine bessere Zukunft für ihre Töchter", sagt Buchholz. Aus Not werden Mädchen oft schon früh verheiratet, um einen Esser weniger im Haus zu haben. Arbeit, ein Dach überm Kopf, eine Heizung, genug Essen und eine gute Ausbildung für die Kinder –"kleinbürgerliche Träume vom Glück" haben die Roma. Buchholz hat sich in den Osterferien vor Ort in Beocin ein eigenes Bild von den Lebensumständen gemacht. Um das Erlebnis möglichst authentisch zu gestalten, ist Buchholz mit dem "Abschiebebus" gefahren und hat auch erlebt, was an den Grenzen passiert. "Die Grenzer sind korrupt", erzählt er. Die Geldmenge bestimme über den Stempel im Pass. 150 Euro haben sie einer Familie abgenommen. Das Gepäck seiner Mitreisenden beschreibt er als ärmlich, "das ganze Hab und Gut befindet sich in wenigen Plastiktüten". 27 Stunden war der Bus von Hannover bis Beocin unterwegs. Dort leben knapp 1000 Roma von insgesamt etwa 6000 Einwohnern. In Serbien sind 1,89 Prozent der Bevölkerung Roma. Die Roma-Siedlung in Beocin besteht aus Trümmergeländen, völlig heruntergekommenen Häuserblöcken und Hütten in einer Schrebergärtensiedlung. Es gibt keine Müllabfuhr, einige Häuser sind ohne Anschluss an das Wassernetz und die Donau überschwemmt die Gegend regelmäßig. Es herrscht eine horrende Arbeitslosigkeit. Die Menschen sind perspektivlos. Untergekommen ist die Familie in der Hütte, von jemandem der es nach Schweden geschafft hat. Genau solche Fälle machen den Menschen dort Hoffnung und geben ihnen die Kraft, sich sogar ein zweites Mal auf den Weg nach Europa zu machen. Fünf Leute teilen sich zwei Räume. Mit Spenden konnte sich die Familie Brennholz und eine "Küchenhexe" kaufen, um so über den Winter zu kommen. Die einzigen Einnahmen beziehen sie durch Kindergeld für die drei Töchter (10, 14 und 16 Jahre alt). Die Mädchen gehen noch zur Schule. Bücher kann sich die Familie allerdings nicht leisten. Auch das Essen wird Ende des Monats knapp. "Lebensmittel kosten etwa so viel wie in Deutschland", sagt Buchholz. Täglich backt die Mutter verschiedene Brote und Brötchen. Doch auch wenn das Geld knapp ist, gehört die bedingungslose Gastfreundschaft zur Kultur der Roma. "Egal wie groß die Armut ist, die Roma geben und teilen alles, was sie besitzen". Die Offenherzigkeit, die Gastfreundschaft, ihre Träume und Hoffnungen, die Kunst und die gesamte Kultur der Roma haben Buchholz sehr beeindruckt und nachhaltig bewegt. Er will nächstes Jahr wieder nach Serbien reisen und der Familie helfen, ihr Leben und ihre Situation dort zu verbessern. Foto: privat

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